Wir gehören ja eher nicht zu den Menschen, die, sobald draußen die Sonne brennt oder die Luft vor einem Sommergewitter schwül und schwer in den Straßen hängt, den Backofen ignorieren und sich nur noch von Wassermelone, Luft und Smoothie Bowls ernähren. Wie lieben zwar Salate (den Spargelsalat mit Erdbeeren und Avocado gerade ganz besonders), doch unsere Lust auf Süßkartoffel-Spinat-Quesadilla, Pasta mit Spargel und Burrata und – NATÜRLICH – Pizza (mit Zucchini. Mit Dill. Mit Feta. So gut!) ist ungebrochen.
Frühling
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Als wir kürzlich unseren Urlaub nach New York planten, sahen wir uns mindestens jeden zweiten Abend auf einer der zahlreichen Rooftop-Bars in Brooklyn. Laue Frühlingsabende mit Blick auf die Skyline Manhattans cocktailschlürfend ausklingen zu lassen – das klang nach dem perfekten Urlaubstraum. Doch New York und das Wetter spielten nicht mit. Keine einzige Rooftop-Bar haben wir besucht, die allgemeine Cocktailausbeute fiel überschaubar aus. Wir haben in Sachen Drinks in diesem Frühling also einiges nachzuholen! Auch wenn unsere Dachterrasse eher ein Balkon ist, wäre es schön, wenn uns jemand einen kühlen Gin-Drink direkt nach Hause bringen würde. Per Gin-Taxi zum Beispiel. Oh, Moment, das geht sogar!
Ein tiefes Hellblau strahlt mir entgegen, wenn ich aus dem Fenster schaue. Darunter puffig weiße Wölkchen, die aussehen, als würden sie einen begleitet von einem leisen “Boioioing” zurückfedern, wenn man auf sie fiele. Ich glaube, das ist der erste Blogpost, den ich in der Luft schreibe. Gut 12.000 Meter über dem Boden, mit einem mich anknurrenden Magen und Bangen vor dem, was ich gleich als Mittagessen verkauft bekommen werde, gelüstet es mich nach einem Risotto. Etwas Frühlingshaftes und Frisches, mit grünem Kerbel, leichten Zitrusnoten und einem pochierten Ei, das sich über dem schlotzigen Risottoreis ergießt. Dafür gäbe ich jetzt viel. Während ich auf einem pappigen Cracker herumkaue und meinem Sitznachbarn beim Schnarchen lausche, liegt mein Kerbel-Zitronen-Risotto mit pochiertem Ei jedoch in weiter Ferne. Ganz bei mir ist dafür die Gewissheit, dass mich in etwa acht Stunden und in den kommenden zwei Wochen unzählige kulinarische Highlights erwarten werden. Das ist doch auch was. Und bis dahin werden es der Cracker und ich auch irgendwie überleben.
Vielleicht habt ihr es bereits auf Instagram gesehen – vor gut einer Woche sind wir in den Flieger gestiegen und haben mal eben den Atlantik überquert. Denn die in den letzten drei Jahren gesetzten Google-Maps-Markierungen für New York haben derart überhandgenommen, dass wir der Stadt einfach noch mal einen Besuch abstatten mussten. Morgen verlassen wir New York allerdings schon wieder und werden uns bislang unbekannte Ecken Neuenglands erkunden. Wie ihr sicher bereits bemerkt habt, liegt uns auf unseren Reisen das Kulinarische besonders am Herzen und auch diesmal sind wir gespannt, welche neuen Gerichte, Geschmackskombinationen, Gemüsesorten (wir hoffen auf ein ähnliches Erweckungserlebnis wie bei den Fiddleheads in Portland) und Biere wir entdecken werden.
Wenn ich an Rhabarber denke, kommt mir sofort der Garten meiner Großeltern in den Sinn. Das Grundstück war riesig, es gab mehrere Hügel, geheime Wege, einen Apfelbaum, der zu meiner Geburt gepflanzt wurde, und als echtes Highlight in besonders heißen Sommern: einen Rasensprenger. Im hinteren Bereich befanden sich außerdem einige Obst- und Gemüsebeete, auf denen neben Erdbeeren vor allem riesige Mengen Rhabarber wuchsen. Daraus kochte meine Großmutter schleimiges, mir als Kind viel zu saures Kompott, das erst durch mehrere Liter Vanillesoße für mich erträglich wurde. Dementsprechend suchte ich eine sinnvollere Verwendung für die im Laufe des Sommers immer dicker und holziger werdenden Stangen und Blätter und wurde dank meiner Begeisterung für alles, was mit Rittern zu tun hatte, bald fündig. Man konnte sich mit den Rhabarberstangen nämlich hervorragend prügeln und sie im Spiel als Ersatz für Holzschwerter verwenden. Die Blätter wurden zum Schild und der Garten zum Schauplatz wilder Schlachten.
Riecht ihr das? Diese laue, würzige Brise, die an euch vorbeizieht, wenn ihr im Grünen unterwegs seid? Dieser Hauch von Knoblauch, der in der Luft liegt? Es ist Bärlauchzeit – und der wilde Knoblauch scheint alles zu geben, um auch dem Letzten verständlich zu machen, dass er jetzt in einem Pesto oder auf einer Pizza landen möchte. Obwohl die Saison noch jung ist, sind wir bereits einige Male bis über beide Ohren im Grün abgetaucht. Ja, das kann man wörtlich nehmen, denn beim Sammeln auf “unserem” Waldstückchen (na gut, Sabine und Carla dürfen dort auch ein bisschen ernten) ertrinken wir regelmäßig fast in einem Meer von Bärlauch.
Die Osterfeiertage nahen (in diesem Jahr wirklich früh) und vielerorts macht man sich schon Gedanken über das Essen. Bei uns zu Hause war es der Osterbrunch am Sonntag, der im Mittelpunkt der Osterfeiertage stand und zusammen mit der Eiersuche ein echtes Frühlingshighlight bildete. Im Nachhinein betrachtet haben wir meine Mutter eventuell ein paar Jahre zu lange Eier und Süßigkeiten verstecken lassen (bis ich Ende 20 war, hust), aber ich schiebe das mal auf meinen kleinen Bruder. Der ist immerhin sieben Jahre jünger und es wäre unfair gewesen, wenn er schon mit 13 Jahren nicht mehr hätte suchen dürfen. Nach der Eiersuche im Haus und Garten waren dann natürlich alle scharf auf ein umfangreiches Frühstück. Auch wenn die Zeiten des gemeinsamen Familienosterfestes nun doch schon eine Weile hinter uns liegen, ist das Osterfrühstück für uns nach wie vor eine schöne Tradition, nur findet es mittlerweile in anderer Konstellation statt. Als mich das ZDF kürzlich fragte, ob ich nicht noch einmal Lust hätte, für die Küchenträume der Sendung “Drehscheibe” ein Osterrezept zu entwickeln, das sich gut als Mitbringsel zu einem Büfett eignet, musste ich nicht lange überlegen.
Der Frühling setzt mich unter Druck. Die ersten Sonnenstrahlen bringen so viele tolle Gemüse- und Kräutersorten hervor, die stets damit drohen, schon bald wieder zu verschwinden. “Iss mich, iss mich!”, tönt es aus den Gemüseabteilungen, von den Marktständen und Feldern. Während ich noch dabei bin, Spargel und Bärlauch in rauen Mengen zu verarbeiten, vergesse ich fast ihren italienischen Kollegen, der einem in Supermärkten fast gar nicht, dafür auf Märkten immer häufiger begegnet: Barba di Frate.
Mönchsbart, Agretti, Salzkraut – das grüne, auf den ersten Blick nach Schnittlauch aussehende Gewächs, das sich auf salzhaltigen Böden in der Nähe des Meeres besonders wohlfühlt, trägt viele Namen. Für mich schmeckt Barba di Frate nach Sommerurlaub und Meer – frisch, ein bisschen mineralisch und salzig – und ist deshalb in der leichten Spätfrühjahrsküche bestens aufgehoben. Ein Bissen und die Sehnsucht nach Italien, Spanien oder Südfrankreich ist geweckt. Bis Anfang Juni besucht uns das Wildgemüse aus Italien; wenn ihr es auf dem Teller treffen wollt, müsst ihr euch also beeilen.