Ende November musste ich zum dritten Mal im letzten Jahr beruflich nach Berlin fahren. Diesmal aber immerhin nur als Zuhörer auf einer Tagung, und dank genügend Überstunden konnte ich privat noch ein paar Tage dranhängen. Frau Wu wurde kurzerhand eingepackt und so konnten wir zum Abschluss des Jahres noch einen netten Kurzurlaub in der Hauptstadt verbringen. Genächtigt wurde zentral und stylish im Titanic Comfort Hotel am Spittelmarkt – für einen Kurztrip sehr zu empfehlen, wenn man bereit ist, Style gegen Zimmergröße einzutauschen. Trotz einiger beruflicher Verpflichtungen kam sogar etwas Urlaubsstimmung auf und wir hatten genügend Zeit, gemütlich durch die Stadt zu schlendern, alle zehn Meter eine Kaffee- oder Kuchenpause einzulegen und eine Ausstellung zu besuchen. Dabei haben wir für uns ein paar tolle Orte entdeckt, die wir euch natürlich nicht vorenthalten möchten. Vielleicht steht euer nächster Berlin-Besuch ja auch schon an und damit ihr nicht hungrig in der Hauptstadt umherirren müsst, gibt’s ein paar Restauranttipps.
Bar Raval: Tapas con Daniel Brühl
Lübbener Straße 1 / www.barraval.de
Unseren ersten Restaurantbesuch hatten wir schon seit einer ganzen Weile auf dem Plan: Spanische Tapas sollten es werden! Wer in Deutschland authentisch spanisch essen gehen will, steht vor einem Problem. Zumindest dann, wenn man erwartet, ähnliche Bedingungen wie in Spanien vorzufinden. Mal schnell auf ein paar Tapas treffen? An der Bar oder einem wackeligen Tisch sitzen und eine Portion Pimientos de Padrón mit einem schnellen Bier runterspülen? Das kann man hierzulande doch eher selten. Die spanischen Lokale, die wir bisher testen konnten, haben wenig mit dem Lebensgefühl der kleinen, unperfekten Bars zu tun, die uns in den Gassen Sevillas, den Ausgehvierteln Madrids oder in der Altstadt Barcelonas begegnen. Meist findet man große, etwas angestaubte Restaurants mit klischéebeschmückten Wänden, deren Tapasauswahl nicht über die üblichen Standards hinausreicht. Inzwischen gibt es glücklicherweise eine Generation moderner Bars, die Ambiente und spanische Tradition verbinden und dabei gleich noch neue Gerichte kreieren (in München z.B. die Bar Palau). Seit einiger Zeit sind auch Berlin-Besucher in der glücklichen Lage, ein solches Lokal finden zu können. Die Bar Raval in Kreuzberg ist mit dem Ziel gegründet worden, eine barcelonesische Tapas-Bar nach Deutschland zu transferieren. Und, das können wir gleich verraten, dieses Vorhaben ist den Besitzern – zu denen auch Schauspieler Daniel Brühl gehört – zu 100% gelungen.
Die Einrichtung ist modern, schlicht, aber nicht kühl, die Wände schmücken alte spanische Werbeplakate, die Tische sind aus massivem Holz. Alles wirkt irgendwie spanisch, aber niemals kitschig, es ist gemütlich ohne überladen zu sein. Und in ähnlicher Weise präsentiert sich dann auch das Essen. Neben einer festen Karte gibt es wechselnde Tages- und Wochengerichte. Und die Besonderheit: Es werden wirklich nur Tapas angeboten. Keine Hauptgerichte, keine Raciones, kein Zugeständnis an normale Menügewohnheiten. Herrlich! Wir fühlten uns trotz der übersichtlichen (aber auch für VegetarierInnen vollkommen ausreichenden) Auswahl überfordert und hätten am liebsten die halbe Karte bestellt. Gewonnen haben schließlich eine Portion Patatas Bravas (3,80€), ein gratinierter Ziegenkäse mit Tomatenmarmelade, Honig und Kräutern (5,50€) und für den Fleischliebhaber in mir die Tostadas mit Sobrasada, Äpfeln und karamellisierten Zwiebeln (4,20€). Allzu spanisch sollte man hier allerdings auch nicht seinen Abend planen, denn als wir um 21.30 Uhr im Raval ankamen, waren verschiedene Tapas leider schon aus und die vielversprechenden Auberginen mit Honig mussten durch ein Tatar aus Avocados, Champignons und Tomaten (6,90€) ersetzt werden. Dennoch keine schlechte Wahl, wie sich herausstellte.
Das Tatar kam mit Rucolahaube und war mit Sojasoße und Sesamöl angemacht, schmeckte sehr intensiv – vielleicht ein wenig zu salzig -, aber nichtsdestotrotz köstlich. Die Kartoffeln toppten sogar fast alle Patatas Bravas, die wir bisher in Spanien probiert hatten, die Soße schön knoblauchig, die Portion ordentlich. Der intensive Geschmack der Sobrasada (eine mallorquinische Streichwurst) harmonierte toll mit der Süße von Äpfeln und Zwiebeln und der feine Ziegenkäse wurde von den begleitenden Zutaten nicht erdrückt – auch wenn ich gerne etwas mehr von der Tomatenmarmelade gehabt hätte, die war nämlich verdammt gut. Weil für Nachtisch einfach immer noch Platz ist, gab es zum Abschluss eine Crema Catalana (3,90€), die zwar schmeckte, aber in der Mitte leider kalt war.
Zu viel essen sollte man allerdings nicht, sonst gestaltet sich der Gang zu den ohnehin sehr engen Toiletten vermutlich eher schwierig. Preislich ist das Raval durchaus in Ordnung, allein das Tatar war in unseren Augen etwas zu hoch angesetzt. 30€ standen am Ende auf der Rechnung, da sind wir aus München deutlich Schlimmeres gewohnt.
Fazit
Tolle, authentische spanische Bar mit angenehmem Ambiente, netter Bedienung und sehr guten Tapas! Am Wochenende unbedingt reservieren, sonst ist Warten angesagt. Daniel Brühl war übrigens auch da und ihr solltet (nicht nur deswegen) dem Raval beim nächsten Berlin-Trip definitiv einen Besuch abstatten. 4,5 von 5 cañas.
Miss Saigon: südvietnamesische Geschmackssafari
Skalitzer Straße 38 / www.miss-saigon-berlin.de
Am nächsten Abend ging es schon wieder nach Kreuzberg. Vom Hotel aus war das mit dem Bus aber auch wirklich einfach. Diesmal stand südvietnamesische Küche auf dem Programm. Vom Miss Saigon hatten wir vorher schon gelesen und waren mehr als gespannt, ob wir Unterschiede zu den Vietnamesen, die wir bereits aus München kannten, würden feststellen können. Zum Glück hatten wir auch hier reserviert, sonst hätten wir wohl (auch sonntagabends) einige Zeit an der Bar warten müssen. Das Miss Saigon ist eng und laut, man sitzt niedrig, kann mit den Gästen am Nachbartisch eigentlich auch gemeinsam in die Karte schauen, aber es riecht köstlich. Die nächste Überraschung bot dann die Karte, die zu Frau Wus großer Freude eine Vielzahl an vegetarischen und veganen Gerichten aufwies und für uns quasi nur kulinarisches Neuland beinhaltete. Ok, Sommerrollen kannten wir schon von anderen Vietnamesen, aber sonst bestellten wir eher nach dem Motto “klingt-interessant-und-könnte-schmecken”.
Unbedingt probieren sollte man auch die verschiedenen Shakes auf der Karte. Ananas-Minze & Maracuja-Banane-Minze (je 2,90€) waren köstlich und helfen auch, falls sich die Essensauswahl als zu scharf entpuppen sollte. Als Vorspeise bestellten wir Reisrollen (Goi cuon chay) gefüllt mit Tofu, Gemüse, Reisnudeln und vielen Kräutern (3€ für 2 Rollen). Dazu gab es eine Soße zum Tunken und fertig war das zufriedene Grinsen auf unseren Gesichtern. Zu unseren Hauptgerichten gab es vorweg eine fein abgeschmeckte, klare Gemüsesuppe mit Koriander. Frau Wu hatte sich für Banh khot, vegane gebratene Mini-Pfannkuchen mit Tofu, Koriander und einer würzigen Sauce (6,90 €), entschieden. Ich dagegen bekam Bun cha ga: Reisnudeln mit Gemüse und in Zitronengras marinierte Hühnchenhackspieße mit einer Chilisoße (6,50 €). Auch hier galt wieder: sehr lecker und sehr frisch (Kräuter!) – einzig mein Fleisch war etwas trocken. Ein Dessert musste trotz übervoller Bäuche natürlich trotzdem noch sein. Wir entschieden uns für Banh it la cam, warme Klebreisbällchen gefüllt mit Kokos und Erdnüssen auf Bananenblatt und mit Kokossoße (3,50€). Und schon wieder folgte eine geschmackliche Neuentdeckung, die süchtig macht und ab sofort sicherlich öfter probiert wird.
Zum Schluss noch ein Hinweis für VegetarierInnen: Beim Bestellen solltet ihr etwas aufpassen, da sich in die vegetarischen Speisen ab und zu ein paar Krabben verirrt haben. Wer sichergehen will, sollte einfach vegan bestellen.
Fazit
Ein etwas enges, aber sehr sympathisches, südvietnamesisches Restaurant mit ungewöhnlicher Speisekarte und unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir sind begeistert und kommen definitiv wieder! 5 von 5 Sommerrollen.
Don Sushi: solides Sushi ohne Chichi
Niederbarnimstr. 12 / www.don-restaurant.de
Besonders gemütlich ist das Don Sushi nicht – die Einrichtung wirkt etwas karg und unpersönlich. Dafür wurden wir sehr freundlich und schnell bedient und entschieden uns für zwei Sushiplatten – eine vegetarische mit Avocado-, Gurke-, Rettich- und Tofu-Maki (8€) sowie eine gemischte Fischplatte mit California Rolls und Nigiri (8€). Vorab gab es zu jeder Platte eine Misosuppe. Geschmacklich waren Sushi und Suppe durchaus in Ordnung, nur irgendwie fehlte das gewisse Etwas. Vielleicht sind wir aber auch mittlerweile was Sushi angeht völlig verwöhnt – wer einmal im Münchner Sushi-Himmel Sansaro gegessen hat, wird es in anderen Sushi-Restaurants schwer haben. Dafür geht es im Don Sushi preislich deutlich humaner zu: Gut 20€ für Suppe, Sushiplatte und Getränke für zwei Personen ist eigentlich kaum zu schlagen.
Fazit
Don Sushi bietet gutes, solides Sushi für wenig Geld, dem etwas Kreativität und Raffinesse sicherlich nicht schaden würden. 3 von 5 Makis.