Huch, wo ist denn der April geblieben? Keine Ahnung, wie das passieren konnte, aber der April war für uns quasi nicht präsent und ist samt Sommerausbruch und erstem Sonnenbrand an uns vorbeigerauscht. Bevor wir uns nun voll und ganz in den Mai und unseren Urlaub stürzen, werfen wir einen Blick zurück, denn einige Highlights hatte der April dennoch auf Lager – insbesondere natürlich das Frühstück mit einem gewissen englischen Koch und ein Ausflug in die Münchner Unterwelt.
Eine große Überraschung hielt der April aber auch für uns bereit. Im Rahmen der Münchner Webwoche wurde der Isarnetz Blog-Award verliehen und – Trommelwirbel – wir haben in der Kategorie Foodblog den ersten Platz erreicht. Wir dürfen uns jetzt Münchens bester Foodblog 2018 nennen – klingt gar nicht so schlecht, oder? Wir freuen uns aber auch für die beiden anderen Finalist_innen: herzlichen Glückwunsch an Ines von Münchner Küche und Ben von Gastrobenni, die die Plätze zwei und drei belegt haben. Die Gewinner_innen der weiteren Kategorien findet ihr auf der Seite der Münchner Webwoche – schaut doch mal rein und entdeckt, wie vielfältig die Münchner Blogs so sind!
Unterwegs
Frühstücken mit Jamie Oliver*
Nachdem ich bereits im vorletzten Jahr die Möglichkeit hatte, Jamie Oliver kurz bei einer Buchvorstellung kennenzulernen, steht im April gleich ein ganzes Frühstück mit dem englischen Fernsehkoch an. Fast schon ein Date, nur dass ich Jamie mit ca. 15 anderen Blogger_innen beim Treffen in der Münchner Kochgarage teilen muss. Trotzdem gibt es in den 2,5 Stunden viel Raum für Gespräche abseits der üblichen Promophrasen. Interessanterweise geht es von Anfang an gar nicht so sehr ums Kochen, sondern vielmehr um die gesellschaftlichen und politischen Themen, die den sympathischen Koch gerade umtreiben. Das mag auch mit dem aktuellen Buch “Jamies 5-Zutaten-Küche” zu tun haben, denn wie er uns erklärt gibt es für ihn zwei Arten von Kochbüchern. Zum einen seine Herzensprojekte, bei denen vor allem Emotionen und Geschichten im Vordergrund stehen – zum Beispiel das Weihnachtskochbuch oder seine Streifzüge durch die italienische und amerikanische Küche. Mit seinen anderen Büchern möchte Jamie Oliver eine Botschaft vermitteln. In seinen Superfood-Kochbüchern, den 30-Minuten-Menüs und seinem aktuellen Buch sollen seine Mission und sein Einsatz für gesunde Ernährung für alle sichtbar werden. Überhaupt habe ich im Gespräch immer wieder das Gefühl, gar nicht mit einem Koch, sondern mit einem (ernährungs-)politischen Aktivisten zu sprechen. Noch vor dem eigentlichen Frühstück dreht sich alles um die Themen Feminismus in der Gastronomie, Schulernährung in England, Kochprojekte in australischen Sozialvierteln und den Kampf gegen Fett und Zucker in Limonaden und Fertigprodukten. Besonders Letzteres liegt ihm aktuell am Herzen – gerade hat er mit #AdEnough eine Kampagne gestartet, mit der der Lebensmittelindustrie verboten werden soll, Anzeigen für Junkfood zu schalten, die sich speziell an Kinder richten.
Einen ersten Eindruck von den Rezepten aus Jamie Olivers neuem Kochbuch bekommen wir direkt am Frühstückstisch, denn alle Gerichte befinden sich auch im Buch. So wandern die Fladenbrote mit Eiern und Mangochutney sofort auf meine Nachkochliste. Doch auch wir Blogger_innen haben Kulinarisches im Gepäck, denn jede_r sollte eine Lieblingszutat beisteuern, die nach dem Essen in großer Runde vorgestellt wird. Mit meinem Bund Grüne-Soße-Kräuter schaffe ich es sogar, Jamie zu überraschen – hessische Küche scheint in England noch keine große Bekanntheit zu genießen. Mal schauen, ob es die grüne Soße nun auch in sein nächstes Kochbuch schafft … Bevor wir Jamie Oliver zu seinem nächsten Termin entlassen, muss er noch für ein paar Fotos mit uns allen herhalten – natürlich nicht ohne den Strauß Grüne-Soße-Kräuter!
Entdeckt
Bánh mì ohne Bier im Banh mi & Beer
Immer häufiger zieht es uns ins Westend. Nachdem wir im letzten Monat Sushi and Meat (und Ramen!) verfallen sind, setze ich auch diesmal auf die asiatische Küche und besuche das Banh mi & Beer in der Parkstraße. Die Vorstellung von vietnamesischen Sandwiches und einer guten Bierauswahl lockt mich in das kleine gemütliche Nachbarschaftslokal. Bánh mì gibt es hier in der Tat in vier unterschiedlichen Varianten, doch statt einer großen Craft-Beer-Karte warten hier nur ein paar Bierklassiker auf mich und meine Begleitung. Franziskaner, Spaten, Beck’s – aufregend geht anders! Das Lokal sei brauereigebunden, erzählt man uns, das bekannte Übel in Deutschland. Der Name des Lokals beziehe sich allein auf das Special “Bánh mì und Bier” für 9,80 €. Schade, aber die Kombi ist gerade mit dem Kellerbier aus dem Eiskrug dennoch ein guter Deal, auch wenn man sich bei der Zusammenstellung etwas unflexibel zeigt.
Dann eben kein Bier, zwei Summer Rolls mit Tofu vorab (4,80 € und leider arg spärlich gefüllt mit Salat, Reisnudeln und Gurke) und anschließend ein vegetarisches Bành mí mit Tomate, Tofu, eingelegter Karotte, Rettich, Gurke und Koriander (6,80 €). Für den Preis gibts nichts zu meckern, das Sandwich ist knusprig, gut belegt und hat genau die richtige Größe, wenn man es noch auf eine Kugel Eis von Punto Gelato abgesehen hat. Auch die Rice Bowl mit 5 Spices Beef (9,80 €) sieht schön frisch aus und stimmt meine Begleitung ganz und gar glücklich. Neben Bánh mì und Rice Bowls finden sich noch einige Currys und ein Beef Stew auf der Karte sowie eine ordentliche Auswahl an spannenden Cocktails und Drinks. Der Vietnamese Cocaine mit Wodka, Viet Cold Brew, Kondensmilch und Orangenzeste (9 €) ist köstlich und ersetzt fast schon den Nachtisch, dagegen wirkt der Saigon Fizz mit Gin, Mandarine, Kardamom, Zimt und Soda (8,50 €) trotz der vielen tollen Zutaten ziemlich unausgewogen. So verlassen wir das Banh mi & Beer gut gesättigt, aber doch ein wenig enttäuscht. Etwas mehr Mut bei der Bierauswahl und Feinschliff bei den Speisen hätten wir uns gewünscht, doch dank freundlichem Service und gutem Preis-Leistungs-Verhältnis hat das Lokal im Münchner Westend sicher noch eine Chance verdient. Banh mi & Beer // Parkstr. 30, München.
Bier des Monats: Das kriminelle Helle von Munich Brew Mafia*
Eigentlich hatten wir diesmal kaum eine Wahl, als es darum ging, das Bier des Monats zu küren. Denn mit der Mafia legt man sich besser nicht an. Deren bayrischer Ableger, die Munich Brew Mafia, hat nach einem Pils, Smokey Double und Pale Ale endlich ein eigenes Helles gezaubert. Fünf Jahre haben Dario und Niklas getüftelt, bis “Das kriminelle Helle” geboren war, denn am Ende sollte die typische Brew-Mafia-Handschrift erkennbar sein. Dazu kamen plötzlich nicht mehr in ausreichender Menge lieferbare Hopfensorten, unvorhergesehene Preissteigerungen und ein Brauereiwechsel. Kaum zu glauben, dass es jetzt doch endlich aus dem Zapfhahn der Crowbar fließt, wo wir die Premiere des kriminellen Hellen mitfeiern dürfen. Doch bevor wir das Bier probieren können, müssen wir erst im München Escape Room das Bierrezept der besten Brauerei der Stadt – dem Oachkatzlbräu – finden. Unser Team bricht dazu in die Bierkneipe Escape Stüberl ein und schafft es, genügend Hinweise zu kombinieren, um in der Brauerei zu landen. Dort rätseln wir weiter, bis am Ende das richtige Rezept gefunden und ein Schatz geborgen ist.
Im Anschluss haben wir uns das kriminelle Helle redlich verdient und das erste Glas ist ruck, zuck weggetrunken. Mit Absicht ist die Kohlensäure sehr fein und nicht so stark, so ein Helles soll ja trinkbar sein. Im Mund erschmecken wir eine angenehme Balance aus Malzsüße und Hopfenbittere, die französische Hopfensorte Mistral sorgt für ein ungewöhnliches Aroma im Hintergrund. Im Vergleich zu den Hellen von Tilmans oder Hopfmeister ist das Bier deutlich weniger fruchtig, aber damit eben auch keine Kopie anderer moderner Interpretationen des Bierstils. Wer also eine Ergänzung zu den genannten Craft-Bieren sucht und bereit ist, etwas mehr zu zahlen, als für einen Kasten Augustiner, darf in diesem Sommer gerne mal sagen: “Ein Kriminelles, bitte!”
Lesens- und hörenswert
Jamies 5-Zutaten-Küche*
Nach dem Treffen mit Jamie Oliver haben wir einen ausführlichen Blick in sein 2017 erschienenes Kochbuch geworfen. „Jamies 5-Zutaten-Küche. Quick & Easy“ steht in großen neongrünen Lettern auf dem Cover, daneben der lachende Koch, sonst nichts. Das passt gut zum minimalistischen Konzept, ist es doch ein Kochbuch im engsten Sinne. Keine Geschichten zur Herkunft der Gerichte, keine Fotos von Reisen in fremden Ländern, sondern einfach nur ein Rezept pro Doppelseite. Gerade einmal fünf Seiten Text sind dem ersten Kapitel vorangestellt, auf denen das Konzept verdeutlicht wird. Das Ziel ist klar: “Es geht darum, die Menschen an den Herd zu bringen und sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen”. Kurze, knackige Rezepte also, keine komplizierten Zubereitungsmethoden und alles trotzdem möglichst gesund. Damit richtet sich “Jamies 5-Zutaten-Küche” an Leute, die sich von langen Zutatenlisten abschrecken lassen und bisher lieber zur Fertigpizza gegriffen haben. Genau diese Menschen sollen erfahren, dass Kochen Spaß machen und auch im stressigen Alltag einen Platz finden kann. Entsprechend übersichtlich sind die Rezepte aufgebaut. Auf der linken Seite findet man Fotos der fünf Zutaten, daneben die Zubereitungsschritte, die rechte Seite zeigt das fertige Gericht. Auch die Bilder sind recht schnörkellos und kommen gut ohne aufwendige Props aus, so wie man sie bereits aus anderen Jamie-Oliver-Kochbüchern kennt. Damit sind sie meist nah dran an den Ergebnissen, die man auch zu Hause erzielen kann. Um die 5-Zutaten-Regel durchzuziehen, wird hier und da zu einigen Tricks gegriffen, vor allem die Verwendung von bereits vorbereiteten oder gekauften Pestos, Chutneys etc. reduziert Aufwand und Zutatenliste erheblich.
Auch wenn ich den Ansatz des Buches verstehe und es gut finde, möglichst viele Menschen an den Herd zu locken, um sie zu überzeugen, dass man aus wenigen Zutaten ein tolles Essen zaubern kann, ist mir das Buch an manchen Stellen doch zu simpel. Bei vielen Rezepten (z. B. bei Lammköfte im Fladenbrot) denke ich sofort daran, wie man das Gericht durch weitere Zutaten aufwerten könnte. Bei anderen (z. B. Currynudeln mit Schinken und Ei) fühle ich mich in meine Studienzeit zurückversetzt, als die eigenen Ansprüche ans Essen oft noch geringer waren. Weiterhin ist der Anteil an Gerichten mit Fleisch oder Fisch recht hoch – auch das mag dem Konzept und der Zielgruppe geschuldet sein. Das ändert aber nichts daran, dass die Rezepte – wie bei allen Kochbüchern von Jamie Oliver – wunderbar funktionieren und auch schmecken (das Frühlingslamm mit Kartoffeln und Erbsen war köstlich und wirklich in 20 Minuten fertig). Wer also ein Kochbuch für den Alltag sucht, das einfache, aber moderne und vor allem internationale Rezepte (viele mit asiatischem Einschlag) für den ganzen Tag bereithält, liegt bei Jamie Olivers “5-Zutaten-Küche” genau richtig. Ich jedenfalls freue mich schon auf den Herbst, wenn ich den Kürbissalat mit Harissa probieren kann! Fazit: 4 von 5 Lieblingszutaten.
Stuff you missed in history class
Außerdem ist uns (na gut, mir, ich bin ja hier für den Geschichtsnerd-Content verantwortlich) noch ein Podcast zur Geschichte des Essens über den Weg gelaufen. Unter dem schönen Titel “Stuff you missed in history class” gibt es bei Holly und Tracy kurzweilige Ausflüge in die Weltgeschichte zu hören. In einer kürzlich veröffentlichten Folge geht es um den ersten Starkoch der westlichen Welt, der in Frankreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts aktiv war. Wenn ihr wissen wollt, wie es Marie-Antoine Carême vom Waisenjungen an die Königshöfe Europas schaffte, hört doch mal rein!
Hinweis: Zu den mit Sternchen (*) markierten Veranstaltungen wurden wir freundlicherweise eingeladen, das Rezensionsexemplar wurde uns kostenfrei zur Verfügung gestellt – wie immer bleibt unsere Meinung davon jedoch unberührt.
Fotocredits: Eisschild von Annie Shelmerdine via unsplash.com; alle Fotos vom Treffen mit Jamie Oliver © DK Verlag. Fotos: Yves Krier.
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