Dass München die nördlichste Stadt Italiens ist, wissen wir längst. Doch dass nun mitten in Münchens Innenstadt auch ein adriatisches Herz schlägt, mag einigen vielleicht noch nicht bekannt sein. Seit letzten Freitag bereichert RiminiRimini die Stadt – ein neues Pop-up-Restaurant, das sich den Spezialitäten aus der Emilia-Romagna verschrieben hat und einen Hauch Dolce Vita rund um den Viktualienmarkt versprüht. Und wo wäre so ein Restaurant besser aufgehoben als im Eataly – dem italienischen Feinkostmarkt in der Schrannenhalle?
Getrunken
Zwischen Hahnhoden & Balkan-Pop: das Internationale Donaufest in Ulm
Wir sind absolut keine Stadtfest-Typen! Schuld daran ist wohl das Aufwachsen in der mittelhessischen Provinz, in der sich kulturelle Highlights besonders in den jährlich wiederkehrenden und mit zunehmenden Alter immer unerträglicher werdenden Stadtfesten manifestierten. Drittklassige Coverbands mit den durchgenudelsten Hits von vorgestern, heute und übermorgen, Gymnastikeinlagen des Turnvereins Hintertupfingen und verkokelte Bratwurstmeter versprühen einen Charme, dem wir bis heute ziemlich gut widerstehen können. Auch die Tatsache, dass wir während des Studiums mitten in der Marburger Fußgängerzone wohnten und an Festtagen Panflöten-Trios mit vier-Lieder-Sets in Endlosschleife direkt unter unserem Fenster ertragen mussten, ließ uns und Stadtfeste keine Freunde werden.
Man verzeihe uns also, dass wir eine ordentliche Portion Skepsis im Gepäck haben, als wir Anfang Juli für ein Wochenende nach Ulm reisen. Denn man hat uns nicht nur eingeladen, die Stadt kennenzulernen, sondern auch das Internationale Donaufest zu besuchen. Gespannt, was uns erwarten würde, beziehen wir zunächst unser Hotel in Neu-Ulm. Als wir die Fenster öffnen, wird klar, warum wir im Golden Tulip Parkhotel untergebracht sind – näher am Donaufest könnte man wirklich nicht wohnen, wir sind quasi mitten im Geschehen: Die Donau zum Greifen nah, Essensgerüche in der Nase, rund ums Flussufer Stände und direkt vor dem Fenster eine Band, die sich für ihren Auftritt bereitmacht. Es scheint, als wäre es Zeit, unser Stadtfesttrauma zu überwinden und uns ins Donaufest zu stürzen!
Seit 1998 findet das Internationale Donaufest im Zwei-Jahres-Turnus statt und bringt die zehn Länder, durch die sich der zweitlängste Fluss Europas schlängelt, ganze zehn Tage lang im Sommer in den Schwesterstädten Ulm und Neu-Ulm zusammen. Dabei steht nicht nur das Feiern im Vordergrund, sondern auch der kulturelle, künstlerische und kulinarische Austausch über Ländergrenzen hinweg und das gegenseitige Kennenlernen. Zunächst müssen wir allerdings eine Ländergrenze anderer Art überwinden und vom bayrischen Neu-Ulm ins baden-württembergische Ulm wechseln. Wir könnten natürlich zu einer der vielen Brücken laufen, doch wir sind faul und finden eine viel bequemere (und aufregendere) Möglichkeit: Gemächlich schiebt sich eine Solarfähre von Flussufer zu Flussufer (1€) und gleich nebenan sind die Zillenfahrer_innen am Werk, die die Gäste des Festes gegen ein Trinkgeld in kleinen Ruderbooten – den traditionellen Ulmer Zillen – auf die andere Seite der Donau befördern.
In Ulm angekommen bahnen wir uns den Weg durch die immer zahlreicher werdenden Besucher_innen. Es ist Freitagabend, herrlichstes Sommerwetter – beste Voraussetzungen also für ein Abendessen im Freien. Beim Schlendern über den Markt der Donauländer dringen so viele unterschiedliche Gerüche zu uns, dass wir uns kaum entscheiden können, welches Land unser Abendessen servieren darf. Im Gegensatz zu anderen Stadtfesten ist die Auswahl der angebotenen Speisen auf dem Donaufest äußerst abwechslungsreich – so bieten die teilnehmenden Donauländer typische Landesspezialitäten an, die man sonst außerhalb der Landesgrenzen vermutlich eher selten probieren kann. Es gibt Gulasch in zahlreichen Varianten, deftige Fleischgerichte, Fischsuppe im Brotlaib, Holzofen-Burger, vegetarische Dinnele, Palatschinken und mehr. Bestimmendes kulinarisches Thema des Festes ist jedoch ein ungarisches Hahnhodengulasch, das angeblich “nicht so schlimm wie erwartet” schmecken soll – keine allzu verlockende Beschreibung des Abendessens, also ziehen wir weiter und landen vor einem Stand mit regionalen Spezialitäten aus Bulgarien. Bulgarische Pommes mit sehr viel Knoblauch und geriebenem Schafskäse sollen es sein, dazu eine Banitza – ein gefüllter Teigfladen mit Ei, Käse und Joghurt. Ein paar Stände weiter greift der Mann noch einen Teller Lamm vom Spieß mit Mangold-Kräuter-Pesto und Kartoffeln auf und zeigt sich überrascht ob der hohen Qualität des Essens. Schön sind die vielen Sitzmöglichkeiten, die das Fest bietet – überall entlang des Marktes findet man Bänke und Tische zum Niederlassen. Besonders nett ist es im “Weindorf”, in dem, wie der Name vermuten lässt, Weine aus unterschiedlichen Anbaugebieten angeboten werden und zwischen Ständen und Bühnen immer wieder kleine Sitznischen zum Verweilen einladen. Und wer keinen Sitzplatz finden sollte, nimmt sein Essen einfach mit ans Flussufer und kühlt beim Essen und Weinschlürfen die müden Füße in der Donau.
Auch in den nächsten Tagen zieht es uns noch einige Male auf das Donaufest – vielleicht liegt’s am guten Wetter (oder am Wein??), aber die Atmosphäre am Fluss ist so einladend und entspannt, dass selbst wir Gefallen am Stadtfest finden. Jedes Fest sollte sich wohl einen Fluss “besorgen”! Wir schlendern gemütlich über den Markt – auch dort zeigt sich die Vielfalt der Kulturen der Donau-Anrainerstaaten in einem abwechslungsreichen Angebot an Kunsthandwerk und Kulinarik: Handgefertigtes wie Keramik, Schmuck, Kleidung & Co. wechseln sich ab mit Honig, Baumstriezeln, Marzipanbällchen und anderen Spezialitäten aus dem Donauraum. Untermalt wird unser Bummel von traditioneller Musik, Jazzklängen und Balkan-Beats, die von den unterschiedlichen Bühnen zu uns vordringen.
Zu den Ständen gesellt sich während der zehn Tage ein umfangreiches Begleitprogramm mit Konzerten, Theatervorführungen, wissenschaftlichen Vorträgen, literarischen Abenden und Workshops. Leider verpassen wir das erstmals stattfindende Brückenfrühstück, bei dem Ulmer Bürger_innen und Vereine am letzten Tag des Festes jeweils die Patenschaft über einen Tisch übernehmen und auf der Herdbrücke Gäste bewirten. Eine schöne Idee, die hoffentlich zu einer regelmäßigen Veranstaltung wird. Ordentlich gefeiert wird auch der letzte Abend des Festes mit einem bombastischen Feuerwerk über der Donau. Wir suchen uns einen Platz am Neu-Ulmer Ufer, um so die explodierenden Farben vor der Kulisse des Ulmer Münsters und der Altstadt vor uns zu haben. Belohnt werden wir mit einem der gigantischsten Feuerwerke, die wir bisher erlebt haben. Ein letztes Mal laufen wir über den Markt zu unserem Hotel, ein Gläschen Wein in der einen Hand, Zimt-Baumstriezel in der anderen. Stadtfestversöhnt und mit Balkan-Pop im Ohr schlafen wir ein. Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns in zwei Jahren zum Donaufest wieder – das Brückenfrühstück müssen wir ja schließlich noch nachholen!
Kooperation: Ganz herzlichen Dank an Ulm/Neu-Ulm Touristik, das Internationale Donaufest und die ARGE Deutsche Donau für die Einladung zu diesem schönen Wochenende! Unsere Meinung bleibt dabei, wie immer, unsere eigene.
Flammkuchen, Eclairs & Gewürztraminer: Straßburg kulinarisch
Der erste Kurzurlaub des Jahres führt uns ins Elsass. “Flammkuchen in Straßburg essen” stand schon lange auf unserer kulinarischen To-do-Liste. Und wenn man sich schon mal in Reutlingen (auf dem wie immer wunderbaren Foodbloggercamp) befindet und somit die französische Grenze nur noch ein Katzensprung entfernt ist, man Fromage, Vin und Eclairs fast schon riechen kann, nutzt man natürlich die Gunst der Stunde. Keine anderthalb Stunden dauert es, bis wir Strasbourg erreichen und vom Klang der französischen Sprache umgeben sind (uns verbindet eine Hassliebe, von der ich hier schon mal berichtet habe). “In Straßburg kommst du überall mit Deutsch oder Englisch durch!” – Wie oft habe ich diesen Satz vor unserer Reise gehört. Denkste! Mein verstaubtestes und tief in den hintersten Gehirnregionen vergrabenes Französisch muss ich auspacken. Doch nach drei Tagen bin ich fast ein bisschen stolz, dass ich mich durch komplette Bestellungen und Minikonversationen im allerfeinsten Hand-und-Fuß-Französisch plappern kann. Voilà, geht doch!
Drei Nächte verbringen wir in der beschaulichen Stadt am Rhein, was sich als ideal erweist, um Straßburg und seine kleinen Gässchen etwas kennenzulernen, gemütlich durch die historische Altstadt der Grande Île und das charmante Viertel Petite France zu schlendern, im jungen Szeneviertel um die Place du Marché Gayot zu shoppen, sich in der Rue des Orfèvres durch sämtliche Feinkostläden zu probieren, im Boot auf der Ill zum Europaviertel zu schippern und sich ein paar der wirklich interessanten Museen anzuschauen, die die Stadt im Elsass zu bieten hat.
Wer nur für ein paar Tage nach Straßburg reist, sollte seinen Trip nicht ausgerechnet auf Sonntag und Montag legen, da viele Geschäfte und Restaurants an diesen beiden Tagen geschlossen haben. Verhungern muss man natürlich trotzdem nicht, auch wenn es für Vegetarier_innen auf den ersten Blick unmöglich erscheint, etwas anderes als Brot, Gebäck oder Käse zu finden. Hier ist im Vorfeld etwas Recherche und ein Blick auf die meist online einsehbaren Menükarten der Restaurants hilfreich, wenn man sich am Abend langes Suchen ersparen möchte. Gerade die traditionelleren Lokale (von denen es in Straßburg sehr viele gibt) haben – wenn überhaupt – nur ein vegetarisches Gericht im Angebot. Das Preisniveau ist insgesamt (selbst im Vergleich zu München) recht hoch – ein großes Bier bekommt man für ca. 6,50 €, Hauptspeisen mit etwas Glück ab 15 €. Kulinarisch hat das Elsass natürlich einiges zu bieten und wir haben uns vorgenommen, ein paar der typisch elsässischen Gerichte zu probieren. Unsere kulinarischen Highlights haben wir für euch zusammengestellt:
Straßburg Food- und City-Guide
{Square Delicatessen}
Wir geben es zu, seit unseren letzten Urlauben sind wir ganz schön frühstücksverwöhnt! Normalerweise beginnt ein Urlaubstag für uns mit einem ausgedehnten Frühstück in einem netten Café, das uns gestärkt in den Tag starten lässt. Offensichtlich waren wir zu lange nicht mehr in Frankreich, um uns daran zu erinnern, dass die französischen Frühstücksgewohnheiten doch ein bisschen anders sind. Ein nettes, modernes Café ist mit dem Square schnell gefunden, doch das Frühstück, das uns serviert wird, irritiert uns zunächst: zwei Minischeibchen Baguette, etwas beschwipstes Obst, ein Minicroissant, dazu Marmelade und Butter aus der Packung. Hm. Etwas später am Tag bemerken wir, dass alle Cafés – wenn überhaupt – ein Frühstück dieser Art anbieten und wir wohl für die nächsten Tage umdenken müssen. Kein Problem bei der Anzahl an tollen Boulangerien in der Stadt. Das Square können wir dennoch empfehlen – zwar nicht zum Frühstücken, aber zum Nachmittagsstopp in schöner Atmosphäre, denn Kaffee, Tee und der frische Orangensaft sind richtig gut und das italienisch angehauchte Mittagsangebot liest sich ebenfalls toll. Square Delicatessen // 12 Rue du Vieux Marché aux Grains, Straßburg.
{Au pain de mon Grand-Père}
Wir sind lernfähig und beschließen am nächsten Morgen direkt zu einer Boulangerie zu gehen, an deren Scheibe wir uns bereits am Vortag die Nasen platt gedrückt haben: Die traditionellen Bio-Brote und das Gebäck von Au pain de mon Grand-Père sind nicht nur wahnsinnig hübsch anzusehen, sondern machen einen auch auf der Stelle süchtig. Opa weiß wirklich, wie man Brot backt! Wir decken uns hier nicht nur fürs Frühstück ein, sondern kommen vor unserer Abreise noch einmal vorbei, um ein paar der herrlich duftenden Brote mit nach München zu nehmen. Der Einkauf eskaliert ein wenig: Feigenbrot, Nussbrot, Dattel-Mandel-Brot, Fougasse aux olives, Brioches aux pralines roses, Nuss-Marzipan-Streusel. Alles ganz hervorragend, ausnahmslos! Au pain de mon Grand-Père // 58 Rue de la Krutenau, Straßburg.
{Pains Westermann}
Eine weitere Institution in Sachen Backkunst ist die Bäckerei des Sternekochs Eric Westermann in der Rue des Orfèvres, einer kleinen Gasse nahe der Kathedrale, in der sich Feinkostläden, Patisserien und Boulangerien aneinanderreihen. Schon die Brot- und Gebäckauslage im Schaufenster lässt erahnen, dass es uns schwerfallen wird, eine Entscheidung zu treffen. Gegen den Nachmittagshunger packen wir ein kleines Käse-Tomaten-Brot und eine der beinahe kleinkindgroßen Meringue ein, an der wir gleich mehrere Tage zu knabbern haben. Pains Westermann // 1, Rue des Orfèvres, Straßburg.
{Maison Naegel}
Ein paar Schritte weiter stehen wir vor dem nächsten Gourmettempel: Maison Naegel – der wahr gewordene Traum französischer Patisseriekunst. Eclairs, Mille feuilles, Tartelettes, Macarons: Kann man diese kleine Wunderwerke wirklich essen? Mais oui! Sogar zu erstaunlich fairen Preisen. Es dauert also nicht lange, bis wir uns in die Schlange der Unterzuckerten einreihen und uns ein Pistazien-Eclair, ein Vanille-Karamell-Mille-feuille und für zu Hause noch zwei der großen Salzkaramell- und Pistazien-Macarons einpacken lassen. Alles schmeckt fast noch besser, als es ohnehin schon aussieht. Besonders die Macarons, die den Rückweg nach München zum Glück unbeschadet überstehen, sind wahrlich die besten, die wir je probiert haben! Maison Naegel // 9, Rue des Orfèvres, Straßburg.
{Suspenders Coffeeshop}
Wenn man nachmittags durch die engen Gassen von La Petite France schlendert und von einem plötzlichen Koffeinverlangen überkommen wird, ist der Suspenders Coffeeshop die ideale Anlaufstelle. Hier gibt es nicht nur richtig guten und für Straßburger Verhältnisse äußerst günstigen Kaffee (z.B. aus der Chemex oder AeroPress), sondern auch das ein oder andere verführerische Kuchenstück. Das alles in einem jungen, urbanen Ambiente in einem alten, knarzenden Fachwerkhaus. Suspenders Coffeeshop // , Straßburg.
{Oh My Goodness}
Zwischen unserem Hotel und der Innenstadt entdecken wir ein hübsches buntes Café, das uns nicht nur vor dem Regen rettet, sondern auch mit hervorragendem Kaffee versorgt. Junge, entspannte Atmosphäre, schöne Deko, bequeme Sofas und Bänke – wir verstehen, warum das zweistöckige Café Oh My Goodness abends auch ein beliebter Ort für Lesungen und Konzerte ist! Oh My Goodness // 13 Rue de la première armée, Straßburg.
{La corde à linge}
Pittoresker könnte das hübsche Restaurant La corde à linge wohl kaum liegen: Direkt am Fluss an einem der schönsten Plätze der Altstadt kann man hier bei sommerlichen Temperaturen wunderbar im Freien dinieren. Die Märzeskälte treibt uns jedoch ins Warme, wo wir zwischen Wäscheleinen (wie könnte es bei dem Namen auch anders sein?) und aufgehängten Kleidungsstücken Platz nehmen. Wir sind gekommen, um hausgemachte Spätzle zu essen. Hier soll es nämlich besonders gute in besonders vielen Variationen geben. Mit Waldpilzen zum Beispiel oder mit Münsterkäse, geschmorten Zwiebeln und Speck. An die deftige elsässische Küche könnten wir uns gewöhnen! La corde à linge // 2 Place Benjamin Zix, Straßburg.
{Au pont Saint Martin}
Wenn man in Straßburg traditionell elsässisch essen gehen möchte, sollte man keine Berührungsängste vor touristisch anmutenden Lokalen mitbringen. Die gibt es – gerade in La Petite France – nämlich zuhauf. Ganz malerisch und mit Blick aufs Wasser findet man in einem traditionsreichen Fachwerkhaus an der Pont Saint Martin ein umfangreiches Angebot an elsässischen Spezialitäten. Drinnen werden wir begrüßt von urigem Elsass-Charme, doch gemütlich ist es allemal auf den langen Holzbänken am Fenster des alten Wirtshauses. Wir bestellen Flammkuchen. Endlich! Und ich bin froh, eine vegetarische Variante mit Gemüse gefunden zu haben, denn ganz so einfach ist das wirklich nicht. Der Mann wählt traditionell einen Flammkuchen mit Münsterkäse und Speck. Dazu ein Gläschen Gewürztraminer, ein lokales Bier und das Rauschen der Ill im Ohr – so haben wir uns Straßburg vorgestellt. Au pont Saint Martin // 15 Rue des Moulins, Straßburg.
{Gurtlerhoft}
Direkt gegenüber des Münsters und somit mitten im Zentrum der Altstadt geht es hinab in den Keller des Gurtlerhoft. Eine derart zentrale Lage mag nicht immer Gutes verheißen, doch das Restaurant scheint der richtige Ort zu sein für alle, deren Bauch sich nach großen Portionen elsässischer Küche sehnt. Große Fleischberge in urigen Kellergewölben – Touristenherz, was willst du mehr? Schweinshaxe mit Münster für den Mann und – um die Liste der probierten regionalen Spezialitäten zu erweitern – Bibeleskäs mit Bratkartoffeln und Münster für mich. Deftig! Aber richtig gut. Eigentlich hatten wir vor, der Empfehlung von Penne im Topf zu folgen und dort die Schwarzwälder Kirschtorte zu probieren, aber die üppige Hauptspeise lässt uns keinen Platz im Magen. Schade, denn die Blicke am Nachbartisch lassen ahnen, dass sich die Bestellung wohl lohnen würde. Gurtlerhoft // 13 Place de la Cathédrale, Straßburg.
{Und sonst so?}
Wir haben uns für die drei Tage bei der Touristeninformation den Strasbourg-Pass besorgt. Für 18,90 € bekommt man den Eintritt in ein Museum seiner Wahl (sowie 50% Rabatt in einem weiteren), den Aufstieg auf die Kathedrale Notre-Dame, eine Bootsfahrt und einige weitere Vergünstigungen. Die Auswahl der Museen fällt uns nicht ganz leicht, denn allein das Palais Rohan beherbergt drei verschiedene. Wir besuchen das Musée des Arts décoratifs im ehemaligen Stadtpalais der Fürstbischöfe und das allein schon architektonisch sehenswerte Museum für moderne und zeitgenössische Kunst. Von dort kann man über den Vauban-Staudamm zurück ins malerische Petite France laufen und dabei die Aussicht auf die Stadt genießen.
Wer etwas abseits der einschlägigen Touri-Shops einkaufen möchte, findet u.a. hinter dem Straßburger Münster um den Place du Marché Gayot neben einigen Bars und moderneren Restaurants viele kleine Boutiquen und individuelle Designerläden mit hübschen Accessoires, Möbeln & Co. Unser Einkauf im Comptoir de Famille in der Mémé d’Autriche (11 Rue des Bouchers), in dem uns erneut das Interiorherz aufgeht. Im dazugehörigen Geschäft nebenan findet man zudem schöne Papeterie und allerlei Retro-Schnickschnack zum Verschenken.
{Übernachtung}
Wir übernachten in dem kleinen, recht günstigen Boutique-Hotel Diana Dauphine am Rande der Altstadt. Die Zimmer sind klein, aber modern, der Service ausgesprochen freundlich und die meisten Sehenswürdigkeiten lassen sich von dort aus gut zu Fuß erreichen. Wer etwas zentraler (bzw. so zentral wie nur möglich) und dennoch bezahlbar übernachten möchte, sollte sich das Hotel Cathedrale genauer anschauen, das – wie der Name schon vermuten lässt – direkt gegenüber des Münsters liegt und mit einem besonders hübschen Innenhof ausgestattet ist. Im Vorbeigehen verlieben wir uns jedoch in das Hotel Cour du Corbeau im vermutlich schönsten historischen Gebäude der Stadt, das ebenfalls einen wunderschönen Innenhof aus dem 16. Jahrhundert sein Eigen nennt. Wer hier nächtigen möchte, sollte allerdings etwas mehr Budget einplanen. Vielleicht heben wir uns das für den nächsten Straßburgbesuch auf – man munkelt, dass wir das Elsass schon recht bald wiedersehen werden. Wir freuen uns darauf, denn es gibt noch so viel zu entdecken!
Wie ihr vielleicht schon gemerkt habt, ist Craft Beer seit einiger Zeit ein großes Thema bei uns. Die Umwälzung des Biermarktes ist in vollem Gange und auch wenn wir in Deutschland noch nicht ganz so weit sind wie in den USA (wo es vor dem Craft-Beer-Boom allerdings auch kaum trinkbares Bier gab), nimmt die Zahl der hier erhältlichen Biere rasend schnell zu. Dabei den Überblick zu behalten, ist sicher nicht ganz einfach. Noch diffuser gestaltet sich die Lage für jemanden, der/die gerade erst einsteigen möchte. Womit soll man denn nur anfangen? – Halten gute Fachgeschäfte inzwischen auch schon mal über 500 verschiedene Biere bereit. Dabei ist der Weg zur Bierexpertin bzw. zum Bierexperten gar nicht so schwer; ihr solltet nur möglichst viele Biere probieren. Klingt machbar, oder? Und weil das alleine zwar auch geht, aber gemeinsam mit anderen viel mehr Spaß macht (und die Leber entlastet), kommt hier eine kleine Anleitung für ein Craft-Beer-Tasting für Einsteiger_innen.
Ich habe solche Bier-Tastings inzwischen auf einigen Barcamps durchgeführt (zuletzt auf dem wunderbaren FoodbloggerCamp in Reutlingen), wo der Großteil der Teilnehmenden meist aus interessierten Laien bestand, die sich in der Session auf eine erste Entdeckungsreise in die Welt der Biervielfalt gewagt haben. Am Ende konnten die meisten ein oder mehrere neue Lieblingsbiere für sich entdecken und hielten IPA nicht mehr für die Abkürzung einer internationalen Organisation.
Ihr wollt auch mal ein Craft-Beer-Tasting in einer kleinen Gruppe veranstalten? Dann helfen euch folgende Hinweise vielleicht bei der Planung.
Wie man ein Craft-Beer-Tasting plant:
1. Die Bierauswahl
Wenn ihr in die Welt des Craft Beers einsteigen möchtet, ist der Getränkehändler um die Ecke meist keine gute Wahl. Dort mag es zwar gutes Bier von lokalen Brauereien geben, aber echte Spezialitäten findet man dort eher selten. Also auf ins Bierfachgeschäft oder zu einem Getränkehändler, der die Zeichen der Zeit erkannt hat und mehr als nur Pils und Weizen im Angebot hat. In München wären das beispielsweise das Biervana, die Getränkeoase oder Liebick Getränke in Germering. Eine gute Auflistung von Händlern, Brauereien und Bars findet ihr auch bei ratebeer.com. Ansonsten bieten inzwischen auch einige Onlineshops eine große Auswahl an Bieren an. Der Vorteil am Ladengeschäft ist natürlich die Beratung, denn normalerweise kennen die Verkäufer_innen ihre Bestände gut und können euch helfen, wenn ihr mit einem Wunsch wie “drei möglichst unterschiedliche Helle, bitte” ankommt.
Was die Bierauswahl für ein Einsteiger_innen-Tasting betrifft, rate ich euch, nicht gleich in die Vollen zu gehen. Der erste ernsthafte Kontakt mit Craft Beer sollte also nicht nur aus Imperial Stouts mit 12%, besonders trockenen Lambics und den bittersten IPAs, die ihr finden konntet, bestehen. Mein Tipp: Überlegt euch drei bis vier Bierstile, innerhalb derer ihr dann jeweils drei Biere anbietet. So bekommt man einen guten Überblick über die Vielfalt der Biersorten und kann gleichzeitig innerhalb eines Bierstils vergleichen. Für mich hat es sich bewährt, mit dem lokalen Standard zu beginnen, also z.B. mit Hellem, Pils oder Kölsch. Anhand von drei Bieren lässt sich dann gut zeigen, wie der Geschmack innerhalb eines Bierstils variieren kann. Ich habe zuletzt drei Sorten Helles verkosten lassen, bei denen jeweils der Fokus auf Malz, Hefe und Hopfen lag. So konnten wir erschmecken, wie allein durch die verschiedenen Schwerpunkte bei den Zutaten drei ganz unterschiedliche Biere entstanden sind. Das gleiche ist natürlich auch mit anderen Bierstilen möglich.
Bei den anderen Bier-Trios seid ihr natürlich frei, aber ihr solltet unbedingt IPAs aufnehmen. An diesen Bieren versteht man auf Anhieb, was Craft Beer von vielen Alltagsbieren unterscheidet, die sonst getrunken werden. Weitere Möglichkeiten wären z.B.: Weizenbiere, Trappistenbiere, dunkle Biere (hier entweder Stile wie Stout oder Porter mischen oder gleich beides einzeln anbieten, denn Auswahl gibt es genug), spontan vergorene Biere (für die Mutigen) oder saisonale Biere. Zum Abschluss würde ich euch jedoch raten, tief in die Trickkiste zu greifen und auch ein oder zwei verrücktere Biere mitzubringen und zu zeigen, wie weit man (gerade außerhalb des Reinheitsgebots) die Braukunst treiben kann: z.B. auf Vanilleschoten gelagerte Stouts (Riegele Magnus 15 oder Mean Old Tom von der Maine Beer Company), Berliner Weiße mit Rauchmalz (Freigeist Abraxxxas), Kürbis-Chai-Ale (Pumpkin Chai von Saugatuck Brewing Company), Gurken-Bier (Steamworks Killer Cucumber Ale) oder mit Honig veredeltes Starkbier (Riegele Dulcis 12). Hier könnt ihr euch richtig austoben und zum Schluss die Geschmacksnerven noch einmal aufwecken. Grundsätzlich solltet ihr bei der Reihenfolge aber darauf achten, dass ihr mit leichteren Biersorten anfangt und euch langsam zu den starken, intensiven Sorten vortrinkt.
2. Die Menge
Es soll ein Tasting und kein Besäufnis sein, nicht jeder braucht also eine eigene Flasche. Ganz im Gegenteil bin ich zuletzt auch bei zehn Teilnehmer_innen gut mit nur einer Flasche pro Sorte ausgekommen, egal ob 0,33 oder 0,5. Selbst eine kleine Menge reicht normalerweise aus, um das Bier kennenzulernen. Allerdings würde ich empfehlen, wenn möglich zwei Flaschen pro Sorte zu kaufen (außer vielleicht von einem unverschämt teuren fassgelagerten Import aus den USA, das ihr unbedingt dabei haben wollt), denn so habt ihr zum einen noch etwas in Reserve und zum anderen besteht so für alle die Möglichkeit, nach dem Tasting den persönlichen Favoriten noch einmal in Ruhe und in größerer Menge zu probieren.
3. Die Gläser
Idealerweise habt ihr einige Kartons spezieller Craft-Beer-Gläser zu Hause, die ihr zum Tasting mitbringt. Falls nicht, könnt ihr euch aber auch anders behelfen. Praktisch sind sogenannte Biertulpen, die für alle Bierstile ein annehmbares Geschmacksergebnis liefern und nicht allzu teuer sind. Alternativ könnt ihr auch einfach Weißweingläser verwenden. Empfehlen würde ich in jedem Fall Gläser mit möglichst dünnem Rand und einer verengenden Öffnung, die das olfaktorische Erlebnis noch einmal optimieren.
4. Das Wasser
Wasser ist nicht nur wichtig, damit ihr nach jedem Bier das Glas ausschwenken könnt (schließlich werdet ihr nicht über ein dutzend Gläser pro Teilnehmer_in zu Hause haben), sondern damit ihr das Tasting auch am nächsten Morgen noch gut in Erinnerung behaltet. Also nach jedem Bier schön die Gläser durchschwenken und ein paar Schlucke trinken, dann gibts am Ende auch weniger Kopfschmerzen.
5. Die Grundlage
Am besten habt ihr vorher gegessen, denn erfahrungsgemäß schlagen sonst gerade die hochprozentigen Biere ganz schön zu. Ein Korb mit Brot zum Tasting mitzubringen, ist in jedem Fall nicht verkehrt, auch um die Geschmacksnerven zwischendurch zu neutralisieren. Auch Knabbereien oder etwas Käse sind eine gute Idee, auf zu viel Salz oder zu intensiven Geschmack solltet ihr dabei jedoch verzichten, schließlich soll das Bier ja im Mittelpunkt stehen.
6. Let’s talk Bier
Jede/r kann über Bier reden! Vergesst eure nervigen Bekannten, die bei jeder Weinflasche den Klugscheißer raushängen lassen und euch das Gefühl vermitteln, ihr müsstet eine Ausbildung absolviert haben, um mitreden zu können! Es ist hilfreich, wenn beim Tasting jemand dabei ist, der/die erklären kann, woher die Aromen kommen, die ihr im Mund schmeckt, aber es reichen Begrifflichkeiten aus, die ihr auch vom Essen kennt: süß, sauer, bitter? Oder etwa fruchtig? Wenn ja, an welche Früchte erinnert euch das Bier genau? Vergleicht die einzelnen Geschmäcker mit Aromen, die ihr bereits kennt – z.B. Grapefruit, Ananas, Kaffee, Karamell, Vanille – und ihr werdet merken, dass es ganz einfach ist, über Bier zu reden.
Beginnen solltet ihr jedoch mit der Nase. Steckt eure Nasen tief ins Glas und beschreibt, was ihr riechen könnt. Dann nehmt ihr einen kleinen Schluck, den ihn im Mund ein wenig hin und her wälzt, bevor ihr ihn runterschluckt. Achtet darauf, wie sich der Geschmack verändert, wie unterschiedliche Bereiche eures Mundraums verschiedene Komponenten des Bieres erkennen. Dann nehmt ihr einen zweiten Schluck. Verändert sich der Geschmack? Könnt ihr weitere Bestandteile erschmecken? Und wie unterschiedet sich der Geschmack vom Geruch? Und das wichtigste: Tauscht euch aus über eure Eindrücke! Da es hier um eure ganz persönlichen Empfindungen geht, gibt es kein richtig oder falsch. Ihr werdet merken, dass zehn Zungen mehr schmecken als eine und irgendjemand wird schon daraufkommen, was sich hinter diesem einen unscheinbaren Geschmack verbirgt, der euch ganz hinten im Abgang den Gaumen kitzelt. Wer sich am Ende noch daran erinnern möchte, welche Gedanken man sich zum ersten Bier des Abends gemacht hat, sollte natürlich auch etwas zum Schreiben bereithalten oder ihr druckt gleich für alle Teilnehmer_innen ein Tasting-Sheet aus.
Schlussendlich solltet ihr die Biere in drei Kategorien einteilen können: 1. Brauche ich nicht noch mal, 2. würde ich wieder trinken, wenn es im Glas landet und 3. davon muss ich sofort einen Kasten besorgen!
7. Das Hintergrundwissen
Natürlich könnt ihr auch einfach so verschiedenen Biere probieren und drüber reden (s.o.), aber ein wenig Hintergrundwissen schadet eigentlich nie. Gerade als Gastgeber_in könnt ihr euch auf das Tasting ein bisschen vorbereiten und einige Infos zu den verkosteten Bierstilen bereithalten. Hier bietet es sich an, Informationen zum Brauvorgang, den Zutaten und Besonderheiten der jeweiligen Brauerei mit Anekdoten zur Herkunft und Geschichte der Biere zu verknüpfen. Diese Infos findet ihr natürlich bei Wikipedia oder, noch besser, in einem der großartigen Bücher, die es mittlerweile zum Thema Craft Beer gibt. Empfehlen können wir euch vor allem das Craft-Bier Buch von Sylvia Kopp (das wir hier schon mal vorgestellt haben), das Craft Beer Kochbuch von Torsten Goffin und Stevan Paul (auch hier schon einmal vorgestellt), trotz des mehr als dämlichen Titels: BEEF! CRAFT BIER: Meistestücke für Männer – Bier & Craft Beer von Ralf Frenzel oder Bier leben: Die neue Braukultur von Oliver Wesseloh.
8. Nach dem Tasting
Das ist der Zeitpunkt, an dem es noch mal etwas Kleines zu essen geben sollte und jede/r in Ruhe ein Glas seines Favoriten genießen kann, ohne ständig über den Geschmack nachdenken zu müssen.
Zum Schluss natürlich das wichtigste: ein Tasting sollte Spaß machen! Habt das immer im Hinterkopf, bevor ihr jede Minute eures Abends verplant und keinen Raum für spontane Ideen, Austausch und Experimente lasst.
Habt ihr noch Fragen zum Ablauf eines Tastings? Dann hinterlasst doch einen Kommentar und ich ergänze die Infos nachträglich im Artikel.
Craft, lokal und hochprozentig – die neuesten Trends der Finest Spirits 2016
Das Jahr der Münchner Alkoholliebhaber_innen beginnt nicht am 1. Januar (da ist man vermutlich eher damit beschäftigt, dem Hochprozentigen abzuschwören), sondern an einem Wochenende im Februar. Dann öffnet im MVG-Museum die Spirituosenmesse Finest Spirits ihre Pforten und über 100 Aussteller präsentieren die neusten Trends zum Thema Whisky, Gin & Co. In diesem Jahr waren wir das erste Mal zu zweit auf der Messe unterwegs, und da Sabrina keine Whiskytrinkerin ist, haben wir den Fokus diesmal stärker auf andere Spirituosen gelegt. Denn obwohl auf der Messe immer viele Single Malts und Bourbons angeboten werden, sind die drei Tage längst nicht mehr nur ein Treffen für Whiskyfans. Dementsprechend ließ uns der immer noch anhaltende Gin-Boom auch 2016 noch neue Entdeckungen machen und wir stellten fest, dass Rum als Ersatz für die immer teurer werdenden Single Malts dabei ist, sich einen dauerhaften Platz in den Sprituosensammlungen zu sichern. Nicht ganz warm geworden sind wir dagegen mit der Schwerpunktspirituose Wodka. Da fehlt uns für den puren Genuss die Abwechslung (wobei uns die neue Kartoffelvariante von Windspiel gut geschmeckt hat) – aber zum Glück gibt es ja noch Cocktails, und in dieser Form konnte uns der klare Schnaps dann doch für sich gewinnen.
Wie in jedem Jahr betreute Richi Link (vormals Wasserwerk, jetzt Juleps) zusammen mit seinen Kollegen die Finest-Spirits-Bar, wo er perfekte Varianten verschiedener Cocktailklassiker zubereitete und uns vor allem mit seinen ganz besonderen White Russians überzeugen konnte. Das Geheimnis war neben dem hochwertigen Beluga-Wodka zum einen die Sahne. Leicht angeschlagen sorgte sie für ein tolles Mundgefühl und machte den Drink gleich noch viel runder. Zum anderen wurden die Drinks mit Macadamia- bzw. Toncabohnensirup gesüßt, was ihnen den letzten Schliff verlieh. Ordentlich süß, aromatisch und supercremig – da sehnt man sich sofort den Bademantel herbei. Die White Russians waren für uns natürlich nicht das einzige Highlight der Finest Spirits.
Wir haben für euch unsere hochprozentigen Entdeckungen der Messe zusammengefasst:
Whisky
Beim Whisky setzen sich jene Trends fort, die auch schon im letzten Jahr zu beobachten waren: Single Malts ohne Altersangabe und aus anderen Ländern als Schottland bevölkerten die Stände zwischen den alten Straßenbahnen. Wer aktuell im Bereich alter Whiskys noch Schnäppchen schlagen will, muss echte Trüffelschweinqualitäten besitzen oder eben bereit sein, auch mal etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen. Andererseits sorgt die Knappheit in den Lagerhäusern auch dafür, dass sehr gute Tropfen auf den Markt kommen, die sich eben nicht nur über die zweistellige Zahl auf der Flasche definieren. Am Stand des langjährigen Premiumpartners Andrea Caminneci konnten wir beispielsweise den Spey Tenné von der Speyside Distillery probieren, einen sehr gelungenen Einsteigerwhisky mit Portwein-Finish und ohne Altersangabe (wobei uns versichert wurde, dass jedes verwendete Fass mindestens acht Jahre auf dem Buckel hat). In der Nase kitzelt der Spey Tenné ziemlich fruchtig – dunkle Beeren und Trockenfrüchte –, im Geschmack dann relativ scharf alkoholisch, aber immer noch mit genügend Portwein- und Eichennoten, um den Alkohol einzubinden. Mir hat er auf jeden Fall Lust auf die anderen Flaschen der kleinen Brennerei aus der Speyside gemacht.
Eine gute Möglichkeit weiterhin an besondere Flaschen zu kommen, sind natürlich die jeweiligen Clubs der großen Whiskymarken. Wer sich dort anmeldet, bekommt regelmäßig Angebote für (natürlich trotzdem nicht ganz günstige) Sondereditionen, die es meistens nicht auf den freien Markt schaffen. Gut, dass es die Finest Spirits gibt, auf der dann solche ausverkauften Flaschen am Stand stehen und probiert werden können. Bei Glenmorangie hat mich beispielsweise die letzte Private Edition Milsean in ihrer schönen rot-weißen Flasche sehr begeistert, in der sich ein süß-herber, im Rotweinfass gefinishter Single Malt befindet.
Rum
Zuckerrohrspirituosen waren schon bei der letzten Finest Spirits ein großes Thema. In diesem Jahr hatten wir die Gelegenheit, uns beim Bremer Spirituosen Contor durch die Vielfalt verschiedener Rumsorten zu probieren. Aufgrund der hohen Temperaturen in der Karibik ist der Angels’ Share bei der Lagerung von Rum ziemlich hoch, dementsprechend sind die verfügbaren Sorten längst nicht so alt, wie vergleichbare Single Malts. Aber wer Glück hat und mal die Gelegenheit, einen 18- oder 21-jährigen Rum probieren zu können, sollte sich das nicht entgehen lassen. Die Aromen werden komplexer, der Alkohol weicher und zum Mixen sind diese Flaschen definitiv viel zu schade. Spannend war auch zu sehen, wie sehr sich der Charakter verschiedener Inseln herausriechen und -schmecken lässt. Hier war beispielsweise der Six Saints von der kleinen Insel Grenada ein tolle Überraschung. Wer Bananen und Papaya mag, muss diesen Rum probieren!
Gin & Tonic
Beim Gin hatten wir den Eindruck, dass vor allem ein Wettbewerb besteht, in dem sich alles darum dreht, immer unbekanntere Botanicals in den Gin zu bekommen. Jeder neue Gin-Produzent versucht in der eigenen Umgebung eine Pflanze zu finden, die bisher noch nicht verwendet wurde und baut darum dann sein Marketing auf. Ob Sellerie oder Alpenkräuter – zum jetzigen Zeitpunkt scheint die Natur noch einiges herzugeben. Mal schauen, wie lange der Markt das noch mitmacht und welche Start-ups in drei bis vier Jahren immer noch Gin produzieren. Allerdings konnte man uns auch in diesem Jahr wieder überraschen – mit ungewöhnlichen Zutaten im Glas. Wir waren überrascht, als uns am Stand von Weinwelt Gin & Tonics mit Salzpopcorn und Paprika angeboten wurden. Gerade die Kombination mit salzigem Popcorn zum Roner Z44-Gin aus Südtirol passte perfekt. Die leicht buttrige Salznote sorgt für ganz neue Geschmacksexplosionen im Mund. Ebenso interessant war die Erfahrung, eine scharfe Paprika einmal kurz durchs Glas gezogen zu bekommen. Schon wenige Momente hinterlassen im Drink eine leichte Schärfe und Würze. In Zukunft müssen wir also noch stärker experimentieren, wenn es ans Mixen geht!
Craft & lokal
Immer mehr kleine Start-ups drängen auf den Sprituosenmarkt und versuchen Lücken zu finden, die noch nicht besetzt sind. Aktuell scheint genau das in Deutschland mit Moonshine versucht zu werden. Moonshine war eigentlich ein illegal gebrannter Schnaps in den USA, ist heute aber auch eine Bezeichnung für oft ziemlich süße Liköre mit verschiedenen Geschmacksrichtungen. Klassischerweise wird Moonshine in Mason Jars verkauft (so war es früher einfacher, den Selbstgebrannten zu schmuggeln), was marketingtechnisch aber auch ganz schlau ist, sieht das Getränk so doch gleich ganz fesch aus und versprüht einen gewissen Retro-Charme. Probiert haben wir u.a. den Moonshine von O’Donnell, deren Bratapfelvariante uns ziemlich begeistert hat und dessen schnieke Ausgießer übrigens stilecht in der JVA Vechta hergestellt werden.
Ebenfalls aus Berlin kommt der Wood N Wodka, bei dem der etwas farblosen Spirituose durch die Zugabe von Rauch (die Flaschen werden wirklich erst mit Rauch gefüllt, dann kommt der Wodka dazu und alles wird verschlossen) eine interessante neue Note verliehen wird. Gerade experimentiert man mit verschiedenen Holzsorten, da wäre also noch Platz für viele neue Geschmackserlebnisse. Eine große Zukunft wäre der Mischung Wood N Wodka und Club-Mate zu wünschen, denn die Kombination passt wie die Faust aufs Auge.
Ebenfalls ganz frisch auf dem Markt sind die Jungs von Weissbrand Distilling, die mit Birds einen Weinbrand aus Weißwein und zwölf Botanicals hergestellt haben. Weissbrand nennen sie das Zeug, für das je 0,5-l-Flasche zehn Liter Riesling notwendig sind. Pur ist der Geschmack der Spirituose etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach Auskunft der jungen Erfinder, zielt man sowieso stärker auf die Barszene und damit auf eine Verwendung in Cocktails ab. Testen konnten wir das gleich mit dem neuen Green Monaco, dem Herbal Tonic von Aqua Monaco (das auch pur ein Knaller ist). Wirklich tolle Kombi, könnte unser Sommerdrink werden! Und der Preis für die schönste Flasche der Messe geht ohnehin an Birds.
In München beheimatet, aber bisher schändlicherweise völlig an uns vorbeigegangen, ist Grimm Spirit, die verschiedene Liköre auf den Markt gebracht haben. Neben Holly Van, einem leckeren Holunderblütenlikör mit Madagaskar-Vanille hat die Bar-Manufaktur den wohl besten Haselnusslikör am Start, den wir je probiert haben: Natali – flüssiges Nutella, nur viel besser! Auch ihr Rumlikör Affengeil kann überzeugen. Die Basis des Likörs bilden Jamaika-Rum und Pedro Ximénez-Sherry aus Spanien, die dann mit Gewürzen wie Zimt, Vanille, Pfeffer und Kardamom verfeinert wird. Recht süß, aber komplex, würzig und lecker. Verliebt haben wir uns auch direkt in das hübsche kupferfarbene Barzubehör, das die Manufaktur vertreibt – besonders der French Copper Shaker ist ein Traum!
Das waren unsere Eindrücke von der Finest Spirits – einen besseren Start ins #Alkoblogger-Jahr hätten wir uns kaum wünschen können. Was sind denn eure aktuellen Favoriten und Geheimtipps auf dem Feld der Schnäpse und Liköre?
Vielen Dank an storykitchen für die Einladung zur Messe. Unsere Meinung bleibt davon, wie immer, unberührt.
Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu und lädt dazu ein, zurückzublicken – auf die vielen Begegnungen, die schönen Reisen und natürlich auch das gute Essen. Es ist auch genau die richtige Zeit, um erneut das Fernweh anzukurbeln, Pläne zu schmieden und sich gedanklich schon mal auf das nächste Urlaubsziel einzustimmen. Auf Neuengland vielleicht, mit seinen schroffen Felsküsten, wilden Ozeanen, wunderschönen Landschaften und gastfreundlichen Orten. Dass es uns die Nordostküste der USA ganz besonders angetan hat, dürfte mittlerweile kein Geheimnis mehr sein. Deshalb nehmen wir euch (ein vorerst letztes Mal) mit in den Norden des Landes – dorthin, wo die Wälder dichter werden, die Klippen steiler und die Tiere wilder: nach Maine. Der Bundesstaat, der sich bis an die Grenze Kanadas erstreckt, hat neben unberührter Natur auch eine Reihe von interessanten Städten zu bieten. Allen voran Portland, die größte Stadt Maines. Im Gegensatz zur Namensvetterin an der Westküste – dem Hipstermekka Portland, Oregon – ist der nur 66.000 Einwohner_innen zählende Ort an der Ostküste noch relativ unbekannt. Das ist mehr als bedauerlich, denn auch Portland, Maine ist ein urbaner Hotspot, der uns innerhalb kürzester Zeit ans Herz gewachsen ist und eine Vielzahl an Attraktionen und Ausflugsziele für einen mehrtägigen Besuch bereithält.
Portland ist DIE Foodie-Stadt schlechthin, beherbergt eine vibrierende Kunstszene mit erstrangigen Museen und Galerien, mehreren Craft-Beer-Brauereien, genügend Bars mit Craft-Cocktails für unzählige viel zu lange Abende und eine Vielzahl an kleinen Läden und Cafés für ausgedehnte Stadtbummel. Und wem die rustikalen Backsteingebäude irgendwann doch zu urban werden, der kann im Umland wunderschöne Wanderwege entlang der steinigen Küste entdecken und am Cape Elizabeth den schönsten aller schönen Leuchttürme Neuenglands in hopperesquer Landschaft bewundern. Ihr merkt, uns hat es hoch im Nordosten außerordentlich gut gefallen, und die Menge an empfehlenswerten Restaurants, Bars und Cafés hat uns im Nachhinein selbst ein wenig erschreckt (das sollen wir wirklich alles gegessen und getrunken haben??). Gut, dass wir anschließend zum Wandern und Kajaking in den Acadia National Park gefahren sind …
Unser Portland-Food-Guide
Bakery | Tandem Coffee Roasters
Nur ein paar Minuten zu Fuß von unserer Unterkunft im West End entfernt, befindet sich wohl Portlands stylischster Coffeeshop. In einer ehemaligen Tankstelle haben sich die Tandem Coffee Roasters mit einer Bäckerin zusammengetan und Hipsterlandia für Kaffee- und Frühstücksjunkies erschaffen. Minimalistische Einrichtung, volltätowiertes Personal, klebriges Gebäck, dazu der Duft von frisch gerösteten Bohnen. Wir brauchen Kaffee, natürlich! Dazu ein großes Sticky Bun (4$) und – um nicht ganz dem morgendlichen Zuckerschock zu erliegen – ein hausgemachtes Granola mit Joghurt und Früchten (6,50$). Während wir mit dem Sticky Bun kämpfen (eine echte Herausforderung am Morgen und so sticky und buttrig, dass es von einer Person kaum zu bewältigen ist. Gut, dass wir zu zweit sind!), schauen Feuerwehrleute und Bauarbeiter rein, um ihren Koffeinspiegel hochzutreiben. In der Ecke sitzen bärtige Väter mit ihren Kindern und verschlafen aussehende Hipsterpärchen trinken Cold Brew auf den Holzbänken vor der Tankstelle. Können wir diesen Ort nicht einfach mit nach München nehmen? Bakery | Tandem Coffee Roasters // 122 Anderson Street, Portland, ME.
Hot Suppa!
Ebenfalls in Laufnähe zu unserer Wohnung liegt dieses kleine Café und Bistro, in dem sich die Nachbarschaft zum Frühstück trifft. Gemütlich eingerichtet, mit viel Holz, Backstein und Sitzecken, erinnert es an eine moderne Version des klassischen Diners. Auch die Karte wartet mit einer Palette an amerikanischen Frühstücksvariationen auf, alle jedoch mit einem modernen Dreh und Fokus auf regionalen Zutaten. Ergänzt wird die Karte durch wechselnde saisonale Gerichte wie Crêpe mit Schinken, Gruyère, karamellisierten Zwiebeln, Ahornsenf und Fiddleheads (10$). Wir haben Glück und dürfen hier zum ersten Mal grüne Farnspitzen probieren – eine saisonale Spezialität aus Neuengland, die ein wenig nach schärferem grünen Spargel schmeckt, aber gleichzeitig auch an nussigen Kohl erinnert. Auf jeden Fall eine tolle Entdeckung und eine absolute Empfehlung! Der Breakfast Burrito mit Rührei, Avocado, Tomatensalsa und Hash browns (10$) kann ebenfalls überzeugen. Dazu läuft im Hintergrund die beste Musikauswahl des Urlaubs, u.a. mit den Shins, Rocky Votolato und City and Colour. Hot Suppa! // 703 Congress Street, Portland, ME.
Standard Baking Co.
Seit zwei Jahrzehnten versorgt die kleine familiengeführte Bäckerei die Bewohner_innen Portlands mit Selbstgebackenem. Traditionelles französisches Brot und Gebäck stehen dabei im Vordergrund. Der Duft, der einem entgegenströmt, wenn man die Bäckerei am Hafen betritt, ist unbeschreiblich! Das Brioche ist perfekt, das Käse-Olivenöl-Gebäck süchtig machend und die Granola Bar die beste, die ich je gegessen habe. Standard Baking Co. // 75 Commercial Street, Portland, ME.
The Holy Donut
Dass die Öffnungszeiten der örtlichen Donutlegende an die Verfügbarkeit der Waren gebunden sind, müssen wir gleich an unserem ersten Tag in Portland feststellen. Wer also am Nachmittag noch Donuthunger verspürt, hat oftmals einfach Pech. Gut, dass wir länger in der Stadt sind und die zweite Filiale perfekt an unserer Ausflugsroute liegt. So kommen wir doch noch in den Genuss der klebrigen Teigkringel. Die Besonderheit der Holy Donuts: Sie sind aus Kartoffeln gemacht. Das sorgt für einen festeren Teig und macht das Gebäck ein bisschen kompakter. Schmeckt bombig und ersetzt quasi eine ganze Mahlzeit. Besonders gut schmecken die Sorten Kokos und Süßkartoffel-Ingwer (jeweils 2,50$), wenn man sie einpackt und erst beim Picknick zwischen Meer und Leuchtturm wieder auspackt! The Holy Donut // 194 Park Avenue, Portland, ME.
Urban Farm Fermentory
Neben Craft Beer scheint Craft Kombucha gerade DAS Ding in Neuengland zu sein. Da wir neugierige Menschen sind, fahren wir in Portlands Industriegebiet und besuchen die Urban Farm Fermentory, die sich nicht nur der Fermentation von Kombucha verschrieben hat, sondern auch Cider und Met herstellt. Wer sich durch möglichst viele Sorten des fermentierten Tees probieren möchte, bestellt am besten ein Tasting Set mit vier Gläschen nach Wahl (3$). Seine Lieblingssorte (in unserem Fall Blueberry und Honey Ginger) lässt man sich dann zum Mitnehmen in Flaschen oder gleich in große Growler abfüllen. Urban Farm Fermentory // 200 Anderson Street, Portland, ME.
Rising Tide Brewing Company & Maine Craft Distilling
Ein wenig außerhalb des Stadtzentrums haben sich in einigen alten Lagerhäusern eine Reihe von jungen Brauereien und Destillerien niedergelassen. Rising Tide ist eine der Brauereien, deren Biere einem in Portland und Umgebung überall begegnen. Vor Ort erhält man alle Sorten in Flaschen oder Dosen, doch die gemütlichen Sitzgelegenheiten vor der Tür laden dazu ein, das frisch gezapfte Bier direkt auf der Stelle zu probieren. Für nur 6$ bietet die Brauerei ein Tasting Set mit vier verschiedenen Biersorten an. Da es früher Nachmittag ist und wir noch weitere Pläne für den Tag haben, setzen wir uns mit einem Glas Ishmael (ein malzbetontes American Copper Ale und ein MUSS für jeden Moby-Dick-Fan *hüstel) in die Sonne und packen weitere Sorten lieber für später ein. Kurz darauf werden wir von zwei Kanadiern in die Kunst des Bean Bag Tossings eingeführt – offensichtlich der inoffizielle Nationalsport aller Craft-Beer-Fans. Wem der Blick von außen in die Produktionshalle nicht genügt, kann übrigens auch an einer der täglich stattfindenden Führungen durch die Brauerei teilnehmen. Eine Lagerhalle weiter wird mit etwas härterem Stoff hantiert. Dort stellt Maine Craft Distilling eigenen Whisky, Gin, Rum, Wodka und andere Schnäpse her. Wie bei fast allen Produktionsstätten, die wir bisher in den USA besuchen durften, trifft man auch hier auf äußerst offene und freundliche Mitarbeiter_innen, die sich viel Zeit für einen nehmen und alles erklären. Wir dürfen nicht nur den tollen Blueshine (ein Blaubeer-Moonshine), den Alchemy Gin sowie einen Kräuter-Karotten-Schnaps probieren, sondern bekommen auch gleich noch einen kleinen Rundgang durch die Destillerie. Alles ist offen, man läuft mitten durch die Produktion, kann in die blubbernden Bottiche schauen und zusehen, wie auf dem Parkplatz das Malz für den Whisky mit Seaweed in einem eigenen Ofen geräuchert wird. Rising Tide Brewing Company // 103, Fox Street, Portland, ME; Maine Craft Distilling // 101 Fox Street, Portland, ME.
Liquid Riot Bottling Company
Wer nach dem ganzen Bier und Schnaps Lust auf etwas Deftiges verspürt und dennoch in gemütlicher Atmosphäre weitertrinken möchte, wird sich bei Liquid Riot am Hafen Portlands sicherlich pudelwohl fühlen. Die Brauerei und Destillerie hat nicht nur großartige Biere im Repertoire, sondern bringt auch tolle, bodenständige Gerichte aus der Küche. Der Rote-Bete-Salat mit Ziegenkäse und Haselnüssen (12$) überzeugt ebenso wie der Infinity Burger mit geschmorten Tomaten, Chipotle-Aioli, superknusprigen Pommes und Bier-Käse-Dip (15$). Begleitet wird unser Essen von einem grandiosen Coconut Porter (5,50$), von dem ich noch immer träume, und einer wuchtigen Black Mamba (5,75$), die wunderbar zu den kräftigen Gerichten passen. Bierselig bestellen wir uns zum Abschluss noch ein Stück Chocolate Mousse Cheesecake mit Blutorangensoße. Nachtisch kann die Brauerei also auch. Liquid Riot Bottling Company // 250 Commercial Street, Portland, ME.
Grace
Dinner und Cocktails in einer Kirche? Das klingt so spannend, dass wir bereits Wochen vor unserem Urlaub im Grace einen Tisch reservieren. Scheinbar geht es der katholischen Kirche auch in den USA nicht sonderlich gut, sodass sie eine ihrer schönsten Kirchen für kulinarische Gelage hergegeben hat. Die Location in der Chestnut Street ist imposant, besonders die Plätze auf der Empore beeindrucken, speist man dort doch mit Blick auf den gesamten Kirchenraum und auf das Herzstück der Kirche: die runde Bar. Für Vegetarier_innen gestaltet sich die Auswahl einer Speise jedoch, leider wie so oft in gehobeneren Restaurants, als kleine Herausforderung: ein einziges Gericht kommt infrage, aber zum Glück trifft die Rote-Bete-Pasta meinen Geschmack. Günstig sind die Hauptspeisen nicht gerade (zwischen 20 und 40$), dazu recht überschaubar, sodass man ohne Vor- und Nachspeise Gefahr läuft, das Grace hungrig zu verlassen. Doch die Gerichte sind köstlich, die ausgefallenen Drinks (z.B. den Elyon mit Gin und Chai-Likör) süffig und die Atmosphäre unschlagbar. Grace // 15 Chestnut Street, Portland, ME.
Green Elephant
Ganz und gar vegetarisch und vegan geht es dagegen im Green Elephant zu, einem modernen Bistro mit asiatischem Einschlag und Fokus auf glutenfreien Speisen mit regionalen Zutaten. Mindful dining – so beschreibt das Restaurant sein Konzept und bietet bunte und geschmacksintensive Gerichte zu sehr fairen Preisen an: Stir-fries, Green Tea Noodles, Tempeh, Fake-Fleisch & Co. machen es einem nicht leicht, eine Entscheidung zu fällen. Wir starten mit Hot & Spicy Soy Sticks – sehr authentisch schmeckenden Fake-Hühnchen-Spießen mit Koriander-Chili-Soße – und vegetarischen Dumplings (beides 7$) und gehen über zu Stir-fry mit Gemüse und knusprigem Sojafilet (12$) sowie gedämpftem Gemüse mit Erdnusssoße (11$). Dazu eine Mexicaine Cola und ein Ginger Brew vom lokalen Getränkehersteller Maine Root und wir sind glücklich. Wer hier abends einen Tisch erwischen will, kommt am besten früh, denn reservieren kann man nicht. Green Elephant // 608 Congress Street, Portland, ME.
Vena’s Fizz House
Das Schicksal führt uns zu einem der schönsten Läden, denen wir in unserem Urlaub begegnen: Vena’s Fizz House – Soda-Bar und Cocktail-Shop in einem – entpuppt sich als Paradies für Mixolog_innen und Hobby-Alkoholiker_innen. Hinter dem Laden mit Barzubehör und einer riesigen Auswahl an Cocktail-Bitters befindet sich eine kleine Bar, in der man sich auf hausgemachte Sodas und Craft-Cocktails spezialisiert hat. Tagsüber geht es hier alkoholfrei zu, doch auch die Auswahl der Mocktails und Fizzes ist riesig und zeigt die Kreativität des Besitzerehepaars. Dass Bitters durchaus ihre Berechtigung in alkoholfreien Drinks haben, beweisen unsere Nachmittagscocktails Blackberry Coconut Fizz und Blood Orange Chocolate Cordial (je 5$). Ein absoluter Liebhabershop und ein Muss für alle Cocktailbegeisterten! Vena’s Fizz House // 345 Fore Street, Portland, ME.
The Portland Hunt + Alpine Club
Wer vor oder nach dem Dinner einen Drink in stilvoller Atmosphäre zu sich nehmen will, hat in Portland die Qual der Wahl. DIE Anlaufstelle für hochwertige und ungewöhnliche Drinks ist aber mit Sicherheit der Portland Hunt + Alpine Club. Stylischer wird es bis zur kanadischen Grenze vermutlich nicht mehr: reduziertes skandinavisches Design, eine Karte, die selbst schon ein kleines gestalterisches Meisterwerk ist und eine Anzahl an Drinks, die einen nicht erschlägt und dennoch in Entscheidungsnöte bringt. Steffen traut sich an den Bonecrusher (11$), einen harten Drink für harte Männer und Frauen. Mezcal, Tequila, Limette und roter Pfeffer sorgen für eine scharfe, rauchig-säuerliche Mischung, die perfekt ausbalanciert ist. Mein Haskell’s Cooler (9$) ist etwas leichter, jedoch nicht weniger komplex: Tea Vodka, Zimtsirup und Zitrone verbinden sich zu einem ungewohnten, aber tollen Geschmack. Leckere hausgemachte Kleinigkeiten zum Knabbern (wie Parmesan-Popcorn (5$)) gibt es auch, aber natürlich kommt man wegen der Drinks. The Portland Hunt + Alpine Club // 75 Market St, Portland, ME.
Novare Res Bier Café
Wer durch Neuengland reist und die Gelegenheit verpasst hat, sich durch die vielen Craft-Biere der Region zu trinken, kann im Novare Res an einem Abend alles nachholen. Das “Bier Café”, das uns bereits in Boston von Craft-Beer-Fans empfohlen wurde, liegt mitten in der Innenstadt und ist eine Mischung aus Biergarten, Pub und Bar. Bei gutem Wetter kann man – ganz der bayrischen Tradition folgend – draußen sitzen und sich nach ausführlicher Beratung durch die kompetente Bedienung eines der wechselnden 30 Biere vom Fass bringen lassen (von der schier endlosen Karte mit teilweise sehr raren und teuren Flaschenbieren erst gar nicht zu sprechen). Wir trinken ein Allagash White, ein würziges Witbier aus Portland, und das Jimmy’s Black Box, ein dunkler Doppelbock, den der Besitzer des Novare Res 2014 beim Sierra Nevada Beercamp brauen durfte. Ihr merkt, es gibt einfach keine Entschuldigung dafür, sich in Portland ein Bud Light zu bestellen! Novare Res Bier Café // 4 Canal Plaza, Portland, ME.
Und sonst so in Portland?
Gerne hätten wir abends noch mehr Bars unsicher gemacht, aber mehr ging einfach nicht. Trotz mehrfacher Empfehlung nicht besuchen konnten wir deswegen u.a. das Central Provisions und die Bearded Lady’s Jewel Box. Aber man muss sich ja schließlich auch immer einen Grund zum Zurückkehren aufbewahren – vielleicht geht ihr ja auch mal vorbei und erzählt uns, was wir verpasst haben. Keinesfalls verpassen sollte man jedoch das Portland Museum of Art, das eine großartige Sammlung mit Fokus auf nordostamerikanischer Kunst aus dem 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart beheimatet sowie einen schönen Shop, in dem man Stunden verbringen kann. Apropos Shoppen – das kann man in Portland ohnehin ganz wunderbar. Rund um den Hafen gibt es viele kleine Geschäfte mit hübschen Dingen, die einen gleichzeitig zur Verzweiflung bringen, wenn man an das sehr begrenzte Freigepäck denkt: z.B. den mehrstöckigen Küchenladen Leroux Kitchen, den wunderschönen Home-Decor- und Buchladen k colette, die Portland Trading Co. mit ihrer feinen, kinfolkesquen Mischung aus Indie-Kleidung, ungewöhnlichen Accessoires und Vintage-Sammlerstücken, den liebevoll verschrobenen Kunst- und Krimskramsladen Pinecone + Chickadee und Longfellow Books, eine Buchhandlung, die nicht nur eine tolle Literaturauswahl anbietet, sondern auch mit dem örtlichen Tierheim kooperiert und immer wieder Katzen bei sich einziehen lässt, die sich von Kund_innen abschmusen und adoptieren lassen können.
Weitere Berichte zur Ostküste der USA:
Entering New England: Boston & Cambridge kulinarisch
Massachusetts auf dem Teller: Concord, Salem & Rockport kulinarisch
Der Eiscremehimmel liegt im Nirgendwo: zu Besuch bei Ben & Jerry’s in Waterbury
Dünen, Seafood und Insel-Feeling: Cape Cod kulinarisch
New York Food: Kulinarisch durch Brooklyn und Manhattan
New York Food: Kulinarisch durch Williamsburg
Brooklyn Food Guide: No eat till Brooklyn: New York kulinarisch I
Manhattan Food Guide: If I can’t eat it here, I won’t eat it anywhere: New York kulinarisch II
Caféreise um die Welt: The Butcher’s Daughter in New York
In fremder Gesellschaft: Supper Clubbing in New York und Augsburg
Es gibt Dinge, von denen man gar nicht ahnt, dass man sie braucht. Craft-Beer-Gläser stehen auf dieser Liste bei den meisten Leuten vermutlich ganz weit oben. So auch bei uns. Wenn man nicht direkt die Flasche ansetzen möchte, gibt es in München z.B. eigentlich nur drei Varianten, sein Bier zu trinken: aus dem typischen 0,5-l-Lagerglas fürs Helle, dem hohen Weizen- oder Weißbierglas und natürlich dem Bierkrug (nur echt in der 1-l-Ausfertigung). Höchstens in einer spezialisierten Bar wie dem Tap-House trifft man auch mal auf ein besonderes Tasting-Glas. Doch der Craft-Beer-Boom schafft neue Wünsche, und die Frage, ob ein tiefschwarzes Imperial Stout eigentlich aus dem gleichen Glas getrunken werden sollte wie ein klares, fruchtiges IPA, wird plötzlich virulent. So ist es nicht verwunderlich, dass ein globaler Konzern wie der Glashersteller Spiegelau die Zeichen der Zeit erkannt und sein Sortiment um drei Gläser erweitert hat. Wie es dazu kam, worin die Unterschiede zwischen einem Witbier aus der Flasche und aus einem Spiegelau-Glas bestehen und was ein Rollrand ist, durften wir vor einiger Zeit zusammen mit einigen anderen Food- und BierbloggerInnen ausführlich erfahren (und ertrinken).
Massachusetts auf dem Teller: Concord, Salem & Rockport kulinarisch
Fast drei Monate ist er schon her, unser Urlaub in den USA. Zeit, mal wieder zurückzublicken und sich an die schönen Tage an der Atlantikküste zu erinnern. Vor allem Neuenglands Kleinstädte und Hafenorte haben es uns diesmal angetan. Fernab vom Großstadttrubel, mit Wellen im Ohr und Seafood auf dem Teller lassen sich die lauen Abende am entspanntesten verbringen. Wer irgendwann genug von der Großstadt Boston hat, sollte deswegen seinen Blick unbedingt auf die nähere Umgebung werfen. Im Umkreis von etwa 60 km kann man tief in die amerikanische Geschichte eintauchen, auf den Spuren der großen Literaten des 19. Jahrhunderts wandeln oder einfach nur am Strand entlangspazieren und den Sonnenuntergang beobachten. Wir haben euch vor einiger Zeit bereits die südlich von Boston gelegene Halbinsel Cape Cod vorgestellt und nehmen euch diesmal mit zu den nördlich angrenzenden Ortschaften Concord, Salem und Rockport. Alle drei Orte lassen sich gut von Boston aus als Tagesausflug besuchen, doch da es jeweils so viel zu entdecken gibt, lohnt sich auch ein etwas längerer Aufenthalt mit zwei bis drei Übernachtungen.
Unsere kulinarischen Tipps für Concord, Salem & Rockport
Concord
Concord bietet die volle Dröhnung amerikanische Geschichte in Form von Unabhängigkeitskrieg und Literaturhotspots – der Zwischenstopp ist für einen Historiker und eine Amerikanistin quasi vorprogrammiert. Die Kleinstadt war die erste englische Inlandssiedlung Nordamerikas und kann damit auf eine fast 400-jährige Geschichte zurückblicken. Heute bietet sich den BesucherInnen ein postkartenreifes Ensemble an spitztürmigen Kirchen, alten Friedhöfen und viktorianischen oder sogar kolonialen Häusern, in denen u.a. Ralph Waldo Emerson, Henry David Thoreau, Nathaniel Hawthorne und Louisa May Alcott gelebt und geschrieben haben. Die Umgebung eignet sich außerdem hervorragend für kleinere Wanderungen, Ausflüge mit dem Fahrrad oder Kajaktouren. Obwohl das kulinarische Angebot vor Ort recht überschaubar ist, haben wir es dennoch nicht geschafft, allen Empfehlungen nachzugehen.
Main Streets Market & Cafe
Das prominent auf der Main Street gelegene Restaurant und Café gehört zu den größten und bekanntesten Breakfast und Dining Spots Concords. Hier trifft man sich abends zu Bier und Live-Musik, doch gerade morgens wird das Café von Frühstückshungrigen überrannt. Trotz seiner Größe versprüht das Lokal einen gewissen Charme, und ein Blick in die Karte bestätigt uns, dass wir hier richtig sind: Strawberry Cinnamon French Toast. Buttermilk Pancakes. YES! Die Portionen sind amerikanisch üppig und fast nicht zu schaffen. Doch mit dem Gedanken an die bevorstehende Wanderung zum Walden Pond lassen sich die fluffigen Frühstücksklassiker gleich viel hemmungsloser verdrücken. Und falls im Main Streets Market & Cafe mal kein Platz zu ergattern ist, lässt es sich im Helen’s gegenüber (authentisch mit Diner-Atmosphäre und grummeligen Kellnerinnen) auch ganz passabel frühstücken. Main Streets Market & Cafe // 42 Main Street, Concord, Massachusetts.
Haute Coffee
Zugegeben, Concord ist nicht gerade Williamsburg. Die Worte hip und trendy kommen einem in der verschlafenen Kleinstadt eher selten in den Sinn. Und doch gibt es ihn, den einen “jungen” Hotspot, der allen Bart- und Tattooträger der Stadt eine Heimat bietet, in dem Maple und Matcha Latte (4,25$), Cold Brew und tolle hausgemachte Drinks serviert werden und gemütliche Sofas zum Fläzen einladen. Mini-cakes, Müsliriegel, Marshmallows, Cupcakes, Brownies undundund – die Kuchentheke des Haute Coffee quillt fast über und während wir noch überlegen, mit was wir uns den Nachmittag versüßen, kommen immer neue Köstlichkeiten aus Küche dazu. Okay, dann ein Stück des megafluffigen Angel Food Cake (3,50$) und einen Chocolate Marshmallow (2,50$). Jetzt sind wir bestens gestärkt für die nächste Wanderung! Haute Coffee // 12 Walden Street, Concord, MA.
Trail’s End Café
Das noch recht neue Café liegt so bequem um die Ecke von unserer Unterkunft, dass wir hier gleich zweimal landen und sowohl das Frühstück als auch das Dinner probieren können. Die Abendkarte hält erfreulicherweise etwas ungewöhnlichere Angebote bereit. Wir bekommen einen köstlichen Quinoa-Salat mit Ziegenkäse, Ofengemüse und roter Zwiebelmarmelade (8$, eigentlich eine Vorspeise, deren Größe aber locker als Hauptspeise durchgeht) sowie einen TEC-Burger mit Angus Beef, Pretzel Bun, Meerrettichsoße und Trüffel-Pommes (15$). Dazu gibt es hausgemachte Limos und ein leckeres Doghead 60 Minute IPA. Auch wenn an der etwas kühlen Atmosphäre sicher noch gearbeitet werden kann, überzeugt uns das Essen und wir holen uns am nächsten Morgen ein mediterranes Egg Sandwich mit Oliventapenade, Ziegenkäse, gegrillten Paprika und Spinat (7,50$). Trail’s End Café // 97 Lowell Rd, Concord, MA.
Und sonst so in Concord?
Obwohl das Städtchen so klein ist, bieten Concord und Umgebung eine Fülle an Angeboten. Neben den LiteratInnen-Häusern (in denen immer großartige Führungen angeboten werden), gibt es im Stadtzentrum viele kleine hübsche Läden, die zum Shoppen einladen. Besonders erwähnenswert ist der toll sortierte Küchenladen Concord Cookware und der großartige alte Concord Bookshop, der ein wirklich außergewöhnliches Angebot bietet. Leider nicht geschafft haben wir einen Besuch im Woods Hill Table, einem neuen, etwas abseits gelegenem Farm-to-table-Restaurant mit grandiosen Kritiken. Unbedingt einplanen sollte man eine Wanderung zum Walden Pond. Am besten stattet man sich erst im Concord Cheese Shop mit leckeren Käsesandwiches aus (aber vorher die Öffnungszeiten checken! Hust.), um sich dann auf den direkt am Ortsausgang startenden Emerson – Thoreau Amble zum Walden Pond aufzumachen. Nach etwa 50 Minuten durch Wald und Wiese, liegt der glasklare See vor einem, der bereits Henry David Thoreau in seinen Bann gezogen hat. In ca. einer Stunde schafft man es, um den See herumzulaufen, um sich dann mit einer Abkühlung im Wasser zu belohnen. Also, bloß nicht die Schwimmsachen vergessen!
Unterkunft
Da die Hotelsituation in Concord extrem überschaubar ist, haben wir uns auch hier wieder für eine Airbnb-Unterkunft entschieden und hatten riesiges Glück. Gerade einmal fünf Minuten vom Zentrum entfernt, gehört uns in einem der schönen bunten Holzhäuschen vom Beginn des 19. Jahrhunderts fast eine ganze Etage. Ein im hübschen New-England-Style eingerichtetes Zimmer mit eigenem Bad, ein alter tauber, aber extrem verschmuster Hund und ein äußerst freundliches, relaxtes Gastgeberehepaar, das tolle Wander- und Restauranttipps und nette Gespräche mit uns teilt = Volltreffer!
Salem
Das etwa 35 km nördlich von Boston gelegene Küstenstädtchen Salem hat eine ähnlich bewegte Vergangenheit wie Concord vorzuweisen, geht jedoch noch etwas offensiver mit dieser um. Die Salem Witch Trials, tragischer Höhepunkt einer wahrhaften Hexenhysterie im 17. Jahrhundert, beherrschen auch heute noch den Ort. Fast an jeder Ecke begegnet einem ein Witch Museum, ein Witch House oder ein kitschiger Andenkenladen, der an die “hexenreiche” Vergangenheit der Stadt erinnert. Und wer nach Concord noch immer nicht genug von amerikanischer Literaturgeschichte hat, kann auch hier auf den Spuren bekannter Literaten wandeln. Doch auch kulinarisch konnte uns Salem verzaubern.
Ugly Mug Diner
Wenn sich sogar unter der Woche vor dem Café eine ewig lange Schlange von Menschen versammelt, die nur darauf brennt, darin zu frühstücken, ist das wohl ein gutes Zeichen. Immerhin wird uns das Warten mit Salted Caramel und S’mores Mochas (4$) versüßt – serviert in “ugly mugs”, denn hier wird jeder Kaffee in ausrangierten, nicht ganz so hübschen Tassen serviert. Drinnen: Frühstücksmadness! The Elvis Waffle (9,50$) mit Peanut Butter Cups, Banane, Sahne und Bacon (!) ist schneller bestellt, als ihr “eklig” denken könnt. Dazu ein Vegiluxe (10$), ein Bagel mit Ei, Portobello-Pilz, karamellisierten Zwiebeln, Ziegenkäse und Sweet Potato Home Fries. Food-Koma deluxe. Aber sowas von wert! Ugly Mug Diner // 122 Washington St, Salem, MA.
A&J King Artisan Bakers
Der Duft, der einem beim Betreten der kleinen gemütlichen Bäckerei entgegenströmt, ist so betörend, dass man, auch wenn man eigentlich nur vorhatte, einen Kaffee zu bestellen, mit mindestens einem Gebäckstück den Laden verlässt. Der Walnut Sticky Bun z.B. schreit förmlich nach uns und wird deshalb eingepackt. Eine gute Entscheidung, denn auf der Straße werden wir sofort gefragt, was für ein köstliches Teilchen sich in unserer Hand befindet. Wie lecker der Bun ist, lässt sich kaum beschreiben – nussig, zimtig, außen kross, innen mit weichem Kern, dabei in der Tat supersticky, einfach perfekt! A&J Artisan Bakers // 48 Central Street, Salem, MA.
Turner’s Seafood
Auf Empfehlung unserer Airbnb-Hosts steuern wir das mehrfach als bestes Seafood-Restaurant der Stadt ausgezeichnete Turner’s an. Die alte Lagerhallen- und Marktatmosphäre nimmt uns sofort in ihren Bann. Da unser Tisch noch nicht fertig ist, nehmen wir an der Raw Bar Platz, schlürfen köstliche Salted Caramel Martinis (10$) und lokales Craft Beer und schauen zu, wie schnell und gekonnt das Personal die Austernberge vor uns knackt und hübsch auf Tellern arrangiert. Ein paar Minuten später entscheiden wir uns für ein Oyster Po’ Boy-Sandwich mit frittierten Austern, Bacon, Tomate, Senf-Remoulade und Parmesan-Trüffel-Chips (13$) sowie einen Bistro Salad mit Erdbeeren, karamellisierten Pecannüssen und Gorgonzola (9$). Wir sind jedes Mal wieder erstaunt, wie günstig man überall hochqualitatives Seafood bekommen kann, aber hier sitzt man einfach an der Quelle. Turner’s Seafood // 43 Church St, Salem, MA.
Salem Screamery
Wenn man nach dem Abendessen einen kleinen Nachtischhunger verspürt, aber nur noch ein winziges bisschen Platz im Magen hat, sollte man wohl besser nicht in die Screamery gehen. Denn klein ist hier nichts, dafür aber köstlich! Eine kleine Minikugel zum Probieren sollte es werden, doch die Sorten klingen so gut, dass ich letztendlich eine große gefüllte Waffel mit Bourbon-Caramel-Eis mit Pistazienkrokant und einer Kugel Kürbiseis in der Hand halte. Irgendwie ist die Waffel dann trotzdem nach kurzer Zeit leer. Komisch. Salem Screamery // 60 Washington St, Salem, MA.
Und sonst so in Salem?
Wie schon erwähnt, sind es vor allem die Hexenthemen, die den Ort bestimmen. Die Qualität der Museen schwankt jedoch zwischen wirklich spannend und fiesem Touri-Grusel-Kitsch. Unbedingt einen Besuch abstatten sollte man dagegen dem House of the Seven Gables, in dem der amerikanische Schriftsteller Nathaniel Hawthorne zeitweise lebte und ihm später ein literarisches Denkmal setzte. Hier gibt es tolle Touren, die die Entstehungsgeschichte des Buchs, das Leben des Schriftstellers und ganz allgemein die Alltagsgeschichte der USA im 19. Jahrhundert miteinander verbinden. Heiraten kann man im Garten übrigens auch (falls jemand noch einen ausgefallenen Ort sucht). Im Sommer lohnt sich auch ein Abstecher nach Salem Willows, wo es einen hübschen Park mit Imbissbuden gibt und sich der Sonnenuntergang über dem Hafen besonders reizend präsentiert.
Unterkunft
Auch in Salem war Airbnb für uns die beste Wahl: ein großes, schönes Apartment (mit eigener KitchenAid) für uns alleine, direkt am Meer gelegen, sodass wir morgens von Meeresrauschen und Möwengeschrei geweckt wurden. Herrlich! Als Hosts ein sympathisches älteres Ehepaar, die uns nicht nur mit Obst und Wein, sondern auch mit tollen Restauranttipps versorgt haben.
Rockport
Noch ein wenig weiter nördlich findet man die Halbinsel Cape Ann mit dem malerischen Küstenort Rockport. Eine Künstlerkolonie hat ihre Spuren hinterlassen, auch wenn die Touristen heute eher wegen Seafood, Strand und salziger Meeresluft herkommen. Es gibt viele kleine Strände, einige Naturschutzgebiete, Leuchttürme wie aus dem Bilderbuch und mit Gloucester sogar noch einen richtigen Fischerort, an dessen Kaimauern noch immer Fischerboote festmachen und von wo aus harte Männer und Frauen nach weißen Walen Ausschau halten.
Nate’s at Front Beach
Direkt am Strand von Rockport gelegen, richtet sich die kleine Holzhütte vor allem an Sonnenhungrige. Morgens bietet Nate’s hervorragendes Frühstück, mittags Strandessen von Seafood bis Paninis. Auf der Karte finden sich typische amerikanische Frühstücksschweinereien, jedoch mit dem besonderen Etwas. So kommt unser French Toast als Cinnemon-Swirl-Variante (7,50$) und das üppige vegetarische Breakfast Sandwich mit Spinat und gegrillter Tomate (5,50$). Falls man drinnen keinen Tisch mehr ergattern sollte (passiert schnell, denn es gibt nur wenige), bestellt man einfach to go und picknickt auf einer der gegenüberliegenden Bänke, die die Bucht überblicken. Besser kann ein Tag eigentlich gar nicht starten! Nate’s at Front Beach // 18 Beach St, Rockport, MA.
Ellen’s Harborside
Rockport lebt vom (Tages-)Tourismus, was sich auch in der Restaurantauswahl widerspiegelt. Allzu fancy geht es hier meist nicht zu, dafür steht frisches Seafood fast überall im Mittelpunkt. Ellen’s Harborside ist ein nettes, bodenständiges, familienfreundliches Restaurant direkt am Hafen, in dem sich eine gute Mischung aus Touristen und Einheimischen versammelt. Die Clam Chowder wird als beste der Region gehandelt (kleine Portion 4,50$) und schmeckt wirklich ganz hervorragend. Auch sonst dominiert frischer Fisch die Karte. Wir bestellen neben einem köstlich-frischen Salat mit Grünkohl, Spinat, Cranberries und Gorgonzola (12,99$) eine Portion Fish & Chips mit hausgemachter Remoulade (14,99$) – der Fisch herrlich zart, die Pommes perfekt frittiert. Fast Food deluxe also. Die Getränkekarte bietet BierliebhaberInnen eine Vielzahl an Craftbieren aus Neuengland. Wir entscheiden uns für ein Sea Dog Blueberry Wheat Ale (4,75$), ein Weizenbier mit für die Region typischem Blaubeergeschmack. Klingt komisch, schmeckt aber toll. Am besten lässt es sich hier übrigens an einem der Fenstertische essen, denn schöner könnte der Ausblick auf den Hafen und das Motif No 1. kaum sein! Ellen’s Harborside // 1 T-Wharf, Rockport, MA.
Roy Moore Lobster Co.
An Lobster Rolls herrscht in Neuengland nun wirklich kein Mangel. In jedem Lokal steht hier das Seafood-Äquivalent zum Burger auf der Karte, aber so richtig gut schmeckt sie nur, wenn man dabei im Freien sitzen und salzige Meeresluft schnuppern kann. Richtig frisch gibt es die Brötchen z.B. auf Rockports Shoppingmeile Bearskin Neck bei der Roy Moore Lobster Company. So frisch sogar, dass man während des Schlangestehens zusehen kann, wie immer neue Krustentiere im kochenden Wasser verschwinden – also eher nichts für Menschen, die nicht gerne sehen, woher ihr Fleisch/Fisch kommt. Aus den Schalen befreit, landet das Fleisch dann mit Salat und Mayonnaise in einem gebutterten Brötchen. Jetzt braucht es nur noch etwas Glück, ein freies Plätzchen hinter dem Haus zu ergattern. Zumindest einmal im Urlaub an der Nordostküste sollte man die Lobster Roll probiert haben – der kleine Laden ist dafür jedenfalls eine gute Wahl! Roy Moore Lobster Co. // 39 Bearskin Neck, Rockport, MA.
Und sonst so in Rockport?
Auch wenn der Ort zwar nicht besonders groß ist, bieten die verwinkelten Gässchen durch die Straßen mit den bunten Holzhäusern, entlang der Kaimauern, auf denen sich die Hummerfallen stapeln, und über die Steine entlang der Küste genügend Möglichkeiten, um hier ein paar Tage zu verbringen. Die Läden rund um den Bearskin Neck sind auf Touristen eingestellt, wer auf der Suche nach Meer- und Strandparaphernalien als Mitbringsel ist oder sein New England Beach House stilecht einrichten möchte, wird auf jeden Fall fündig. Verschiedene Wanderwege führen an der Küste entlang, wo man über Felsen klettern und den Sonnenuntergang bewundern (z.B. im Halibut Point State Park) oder die vielen schönen Leuchttürme aufspüren kann. Ebenso bietet sich ein Ausflug nach Gloucester an, ein – da noch stark von der Fischindustrie bestimmtes – raueres Städtchen, in dem man auf die Suche nach den Drehorten für den hier spielenden Film “Der Sturm” gehen kann.
Unterkunft
Superzentral und nur einen Katzensprung von allen Highlights des Städtchens entfernt, liegt das familiengeführte Eagle House Motel. Supersauber, mit großen Zimmern, netten Besitzern und dem Meer fast um die Ecke, ist das kleine Motel der ideale Ausgangspunkt für ein paar Tage in Rockport.
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