Ich sag’s, wie’s ist: Die Luft ist raus. Wie zwei von der großen Feier übrig gebliebene Ballons, denen Tag für Tag mehr Luft entweicht, halten wir uns angerunzelt gerade so über dem Boden. Der Stress der letzten Wochen fällt zwar langsam von uns ab, hinterlässt aber ein tiefes Motivationsloch, in das Blogpostideen, Fotolust und Energie fürs Texten nur so hineinpurzeln. Aber immerhin essen wir gut. Und wir laufen – durch die neue Nachbarschaft, durch angrenzende Viertel, durch halb Berlin. Das bringt zwar keinen Kreativitätsschub, macht aber hungrig. Auf Shakshuka zum Beispiel.
Frühling
Wir sind spät dran mit dem Bärlauch in diesem Jahr. Erst kommt uns der Umzug in die Quere, der keine Zeit lässt, ein letztes Mal in München an “unserer” Stelle selbst zu sammeln. Dann, äh, kommt er uns erneut in die Quere, denn in Berlin ist alles anders. Wunderlich sogar. Statt Bärlauch will uns die Natur hier “Wunderlauch” andrehen – so nennt sich der Berliner Bärlauch. “Seltsamer Lauch” – so wird er tatsächlich auch bezeichnet – bringt es auf den Punkt, sieht der Fake-Lauch doch eher aus wie etwas zu breit geratene Grashalme. Milder soll er sein, nicht ganz so knoblauchig, dabei ist es doch gerade das, was wir am Bärlauch lieben. Der echte wilde Knoblauch ist hier rar, stattdessen hat sich in Berlin und Brandenburg die invasive Wundervariante breitgemacht. Mit der ursprünglich aus dem Kaukasus stammenden Pflanze müssen wir uns jetzt wohl anfreunden (im Treptower Park und im Plänterwald soll es sie in rauen Mengen geben). Übergangsweise versorgt uns der Markt zum Glück mit “echtem Bärlauch” – selbst dort gibt es ihn allerdings nur in überschaubaren Bündeln, aber immerhin.
Puuh, so richtig finden wir seit dem Umzug noch nicht in den wöchentlichen Blogrhythmus zurück. Aber Regale, die danach verlangen, aufgebaut zu werden, neue Nachbarschaften, die erkundet werden wollen, und Computer, die plötzlich abschmieren und einem den Zugang zu Fotos und anderen Daten verwehren, machen es uns nicht gerade leichter. Egal, kommt Zeit, kommt Regelmäßigkeit. Immerhin haben wir es noch vor Ostern geschafft, uns selbst in die Bloggerhintern zu treten und zu backen: wunderbar saftige Rübli-Donuts aus dem Ofen.
Ich habe ein Déjà-vu. Wir sind erneut im Lockdown und backen Bananenbrot – oder zumindest etwas Ähnliches: Mamorkuchen mit Banane und schwarzem Sesam. Kaum zu glauben, dass schon ein Jahr vergangen ist, seitdem Viren begonnen haben, unseren Alltag zu bestimmen. Nach dem Back-Hype im Frühjahr 2020 und #HefeGate ist allerdings wieder Normalität auf Instagram (okay, was ist dort schon normal?) und in den Supermärkten eingekehrt. Offensichtlich können die meisten Leute doch nicht unbegrenzt Kuchen essen. Auch bei uns steht immer noch mehr das Kochen im Mittelpunkt, geschlossene Restaurants und Homeoffice treiben uns fast täglich an den Herd. Das Homeoffice ist auch für den Mangel an Kuchen in unserem Haushalt verantwortlich. Denn wer wenn nicht die Kolleg:innen soll sonst die Reste eines ganzen Blechkuchens vertilgen?
Nun ist auch der Blog im neuen Jahr angekommen, nachdem er im Anschluss an die Foodblogbilanz in einen tiefen Winterschlaf gefallen ist. Um ihn schnell wieder auf die Beine zu bekommen, gibt’s für ihn (und euch) etwas Süßes: Schwarze-Bohnen-Brownies mit Walnüssen – klingt komisch, schmeckt aber hervorragend! Und vielleicht sind sie der Anfang einer neuen Tradition, schließlich begann auch das letzte Jahr mit Kuchen. Damals prophezeite eine Birnen-Mandel-Tarte die Goldenen 20er – nun ja, was daraus geworden ist, wissen wir alle. Zu viel sollte man auf das Kuchen-Orakel also nicht geben, zumindest wäre es zu hoffen, dass sich das Jahr nicht so düster zeigt, wie die Brownies es vermuten lassen.
In den letzten Wochen sind hier einige neue Kochbücher eingezogen (ja, ja, es ist natürlich besonders schlau, sich vor dem Umzug noch mehr Gewicht ans Bein zu binden …) und wir probieren seitdem fleißig neue Rezepte aus. Im Kochbuch “Palästina” von Sami Tamimi und Tara Wigley* sind uns schon beim ersten Durchblättern die Hefeschnecken mit Sumach-Zwiebeln und Kräuteröl ins Auge gestochen. Hefeschnecken lieben wir sowieso, und die Idee einer herzhaft-würzigen Variante klang vielversprechend. Gerade auch, weil wir Sumach, ein fruchtig-säuerliches Gewürz aus der Levanteküche (findet ihr zum Beispiel im türkischen Supermarkt), lieben und davon ohnehin einen Jahrzehntevorrat im Haus haben. Es erfordert zwar etwas Zeit, bis das luftige Hefegebäck endlich auf dem Tisch steht (der Teig sollte am besten über Nacht gehen), aber die Arbeit lohnt sich. Wie bei allen Hefeschnecken isst man auch diese am besten frisch oder friert sie sofort ein. Wir haben außerdem die Menge der Zwiebel-Zimt-Sumach-Füllung etwas erhöht, um sie noch etwas saftiger zu machen.
Rezept für Voisilmäpulla: Das finnische Hefegebäck mit Butter, Kardamom, Hagelzucker und leichter Salznote hat uns in Helsinki so begeistert, dass wir es zu Hause nachbacken mussten.
Vor genau einem Jahr waren wir zum ersten Mal in Japan unterwegs. Drei Wochen lang haben wir uns durch die Kühltheken diverser Konbinis probiert, unzählige Tempel und Schreine besucht und uns am Neonlichtgewitter der Innenstädte berauscht. Der Flug von München nach Tokio führte uns allerdings in ein weiteres Land, das ganz weit oben auf unserer Reiseliste steht: Finnland. In Helsinki war Umsteigen angesagt, sodass wir zumindest einen kleinen Einblick in das skandinavische Land erhaschen konnten. In erster Linie haben wir uns auf die kulinarischen Sehenswürdigkeiten konzentriert, denn mein schon auf Urlaub gepolter Magen randalierte bald nach der Landung in Finnland.
Bowl Food und wir sind eigentlich nicht die allerbesten Buddies. Zu konstruiert, zu umständlich, zu irgendwie alles. Zumindest waren wir immer schnell genervt, wenn wir uns zu Hause an diversen Bowl-Rezepten probiert haben. Genervt von den vielen unterschiedlichen Bestandteilen, die jeweils eine andere Zubereitungsart für sich beanspruchen, genervt von Komponenten, die am Ende zwar gut aussehen, aber gar nicht so recht zusammenpassen wollen. Sind wir allerdings unterwegs, sieht die Sache ganz anders aus. Stellt man uns eine fertig angerichtete Gemüse-, Poké- oder Buddha-Bowl vor die Nase, greifen wir gerne zu und freuen uns über eine frische und gesunde Mahlzeit. Seit ein paar Monaten bereiten wir sogar eine bestimmte Bowl immer wieder selbst zu: die vegane Teriyaki-Auberginen-Bowl mit Edamame, Möhren und Ingwer. Warum? Weil sie so schön unkompliziert ist und ein prima Resteessen abgibt.