Der Oktober ist davongerast. Oder besser: Ich bin dem Oktober davongerast, denn ich war dienstlich so viel unterwegs, dass ich den Übergang von Spaghettieis zu Spaghettikürbis kaum mitbekommen habe. Der November wird mir ähnlich wenig Ruhe gönnen, umso mehr freue ich mich auf die Adventszeit, denn ich plane fest, sie glühweintrinkend auf dem Sofa zu verbringen. Doch nun erst mal ein Blick auf unseren (nicht nur) kulinarischen Oktober.
Unterwegs
Den Haag und Amsterdam im (kulinarischen) Schnelldurchlauf
Nach Polen und Griechenland hat es mich in diesem Jahr beruflich auch in die Niederlande verschlagen. Vier Tage lang stehen dort Museen, Gedenkstätten und Denkmäler auf dem Programm, aber ein wenig Zeit fürs Essen bleibt in Den Haag und Amsterdam natürlich auch. Meine erste kulinarische Pflicht nach der Ankunft in Den Haag: Pommes, natürlich! Denn nicht nur in Belgien findet man in jeder Stadt hervorragende Imbissbuden, die grob geschnitzte Pommes mit allerlei Saucen anbieten. In Den Haag lohnt sich der Abstecher zu Vlaams Friethuis Polleke, wo praktischerweise mitten im Zentrum knusprige Pommes mit Erdnusssauce (okay, andere Saucen gibt es auch, aber wer braucht die schon??) serviert werden. Zum Frühstücken geht es zweimal in die Eat Company, wo man unter einem Alles-was-du-schon-immer-über-Avocado-wissen-wolltest-Mural schnell und günstig riesige Toasts oder auch nur ein Schokocroissant bekommt. Craft Beer ist in Den Haag natürlich auch längst angekommen und einige nette Bars und Läden findet man rund um die Kreuzung Prinsestraat/Molenstraat.
In Sachen Sightseeing kann ich einen Abstecher zum Friedenspalast empfehlen, der den Internationalen Gerichtshof beherbergt. Im zugehörigen Museum gibt es eine kleine, aber informative Ausstellung, und wenn nicht gerade getagt wird, kann man mit einer Führung auch das Innere des vom amerikanischen Millionär Andrew Carnegie gestifteten Palasts besuchen.
In Amsterdam ist leider gar keine Zeit für eigene Erkundungen und so sind meine Kolleginnen und ich auf die Reservierung unserer holländischen Gastgeberin angewiesen. Die hat es allerdings in sich, und ich bin mir sicher, das Pasta e Basta hätte ich sonst niemals in meinem Leben besucht. Kulinarisch wird uns dort gute italienische Küche geboten, bei der mich insbesondere die Vorspeisen dank der hochwertigen Zutaten positiv überraschen. Allerdings ist die Spezialität des Hauses nicht auf dem Teller zu finden, sondern vielmehr wird der Teller von dieser serviert. Alle Kellner_innen fangen im Laufe des Abends an zu singen, von italienischen Arien bis zu Whitney Houston. Als ob das nicht befremdlich genug wäre, wird am Nebentisch plötzlich auch noch ein Heiratsantrag gemacht und angenommen. Ganz schön viel Action für einen Abend, an dem man eigentlich nur in Ruhe Pasta und Wein genießen möchte.
Wer sich mit der (jüdischen) Geschichte Amsterdams befassen will, spart sich am besten die Menschenmassen im und vor dem Anne Frank Haus – Ausstellung und Audioguide kratzen wirklich nur an der Oberfläche. Stattdessen gefällt mir das National Holocaust Museum mit seinen wechselnden Ausstellungen deutlich besser. Wer mit Kindern unterwegs ist, für den könnte das Verzetsmuseum, in dem es um den Widerstand während der deutschen Besatzung geht, ein guter Anlaufpunkt sein. Die Kinderausstellung, die wir dort besichtigen, sagt mir deutlich mehr zu als erwartet und schafft es, ein schwieriges Thema auch für jüngere Besucher_innen angemessen darzustellen.
Entdeckt
Lateinamerikanische Küche im Deutschen Museum: das Blitz*
Wer bisher in München mexikanisch essen wollte, hatte die Wahl zwischen (größtenteils guten) Imbissen und (furchtbaren) Tex-Mex-Ketten, in denen vor allem viel zu süße Cocktails verkauft werden sollen. Zum Glück hat die umtriebige Sandra Forster (u. a. Kismet und Charlie) mit ihren Partnern den Zuschlag bekommen, das lange leer stehende Forum im Deutschen Museum zu bespielen, und dort im Blitz ihre Vorstellung von einem lateinamerikanischen Restaurant verwirklicht. Wie bei fast all ihren Projekten finden sich auch hier nur vegetarische Gerichte auf der Karte – sie hat nach eigener Aussage einfach keine Lust mehr auf tote Tiere. Ganz ohne den Tod kommt das Blitz jedoch nicht aus, wird der lange, bunte Gastraum doch passend zum kulinarischen Konzept von einem Mural dominiert, das dem mexikanischen Feiertag Día de los Muertos huldigt.
Die mexikanisch-lateinamerikanische Speisekarte ist größtenteils Sandras Werk, die zwar inzwischen nicht mehr selbst in der Küche oder hinter der Bar steht, aber trotzdem als Gastgeberin fast jeden Abend in ihrem neuesten Baby zu finden ist. Es sei nicht ganz einfach, in München mit hochwertiger vegetarischer Küche in hippem Ambiente erfolgreich zu sein, erzählt sie uns. Gerade Männer seien immer noch skeptisch, wenn kein Fleisch auf der Karte stünde. Dabei ist ihre Vorstellung von vegetarischer Küche nicht mit leichter Kost zu verwechseln, denn das, was im Blitz geboten wird, ist alles andere als low-carb. Quesadillas, Fajitas, Patatas Bravas und andere Bekannte der hispanoamerikanischen Küche finden sich im saisonal wechselnden Angebot – die Portionen sind reichlich und rechtfertigen die auf den ersten Blick etwas gehobeneren Preise. Fast alle Gerichte kommen mit einem ungewöhnlichen Dreh, sodass wir uns am liebsten einmal durch die Karte probieren möchten.
Als Vorspeise entscheiden wir uns für Yuca Frita – frittierte Yuccapommes (10 €), deren von Natur aus recht mehlige Konsistenz durch köstliches Bananenketchup ausbalanciert wird. Das Highlight des ersten Gangs ist allerdings die Guacamole (12,50 €), die vom Kellner (ein Lob übrigens an den sehr aufmerksamen und gut geschulten Service!) direkt am Tisch frisch zubereitet wird. Schärfe und Würze können so den eigenen Vorlieben angepasst werden. In Kombination mit hausgemachten Gemüsechips ein absolutes Must-order! Begleitet wird die Vorspeise am besten von einem der Daiquiris, die mit frisch gepresstem Zuckerrohrsaft zubereitet werden. Der an der Bar thronende Zuckerrohrentsafter hat einen langen und dank des Zolls beschwerlichen Weg aus China hinter sich und steht bereit, um durstigen Gästen wie uns beispielsweise mit El Presidente (Rum, Zuckerrohrsaft, Limette, Ananas und Grenadine) den Abend zu versüßen. Der Drink ist wunderbar weich, fruchtig und besitzt eine angenehm milde Süße. Da kann La Isleta (mit Rum, Zuckerrohrsaft, Limette und Hibiskus – Drinks jeweils 10,50 €) nicht mithalten, der für uns etwas flach und nicht ganz ausgereift daherkommt.
Bei den Hauptspeisen gewinnen klar die mit Maronicreme und geröstetem Kürbis gefüllten Quesadillas (18 €), die dank Manchegokäse noch eine extra kräftige Geschmacksnote erhalten haben und genau unseren Geschmack treffen. Die Fajita mit Süßkartoffel, Bohnen, Paprika und Schokoladen-Mole (21 €) kommt mit Weizen- oder Maistortillas zum Selbstbefüllen und einer Reihe kleiner Töpfchen mit Dips, Käse und Pico de Gallo. Geschmacklich ist sie wirklich gut, doch durch die Vielzahl an recht mehligen Zutaten uns in diesem Moment etwas zu deftig, was aber durchaus daran liegen könnte, dass wir bereits zwei Vorspeisen intus haben. Wer nicht gerade sehr ausgehungert ins Blitz kommt, fährt gut damit, sich ergänzend zu den Vorspeisen eines der Hauptgerichte zu teilen. Allerdings ist es auch nicht schlecht, wenn man nicht ganz so kugel(blitz)rund den Laden verlässt, wartet nebenan doch der Blitz Club, in dem man dank einer Anlage auf Weltniveau und stylisher Holzvertäfelung eine lange (Techno-)Nacht im Museum verbringen kann. Blitz // Museumsinsel 1, München.
Bier & Pizza im Saluki
Ein Viertel, das selten in irgendwelchen Best-of-Listen auftaucht, ist die Gegend rund um die Großmarkthalle. Genau dort hat vor gar nicht allzu langer Zeit eine neue Pizzeria eröffnet, in der nun regelmäßig Food-Pairing betrieben wird. Bier & Pizza heißt das Konzept im Saluki, bei dem jeden zweiten Donnerstag im Monat eine Brauerei ihr Bier vorstellt (meist gibt es neue Sorten vom Fass) und die Küchencrew des Saluki dazu passende Pizzen kreiert. Im Sommer durfte ich schon feststellen, wie gut das Bier von Hoppebräu mit Erdbeeren auf einer Pizza harmoniert und bei der Oktoberausgabe lassen wir uns das “Hoplulenz” von Yankee & Kraut schmecken. Die zum Bier servierte Pizza kommt im Saluki aus dem Steinofen, hat einen sehr dünnen Boden und ragt ordentlich über den Tellerrand hinaus. Zwei Pizzen – eine vegetarische (9 €), eine mit Fleisch (12 €) – unterstützen das hopfengestopfte Imperial Pils der deutsch-amerikanischen-Brauereifreundschaft. Sabrinas Pizza ist mit Birne und Gorgonzola belegt, bei mir sorgt würzige Wildschweinsalami für ein gutes Gegengewicht zum kräftigen Starkbier (immerhin 7,5 %!). Zwischendurch kommen die Brauer an den Tisch und plaudern ein bisschen über Zutaten und neue Pläne. Ein schönes Konzept mit spannenden Bieren und richtig guter Pizza! Saluki // Thalkirchner Str. 130, München.
Bier des Monats: Mr. B New England IPA von Buddelship
Wie schon im Sommer haben wir uns kürzlich mit unseren Bloggerkolleg_innen Karin & Torsten, Ines und Björn getroffen, um gemeinsam bei einem Bierkränzchen die Vorräte aus unseren Bierkellern zu dezimieren. Auch wenn wir diesmal bei unserer Auswahl nicht nur Volltreffer landeten, waren doch einige tolle Neuentdeckungen dabei. Einer unserer Favoriten: “Mr. B” von der Buddelship Brauerei aus Hamburg. In der Flasche findet sich ein New England IPA – neben Sauerbieren aktuell der vermutlich heißeste Trend in Sachen Craft Beer. In den USA sind entsprechende Biere schon eine Weile auf dem Markt (bei unserem Besuch in Waterbury, Vermont haben wir mit dem “Heady Topper” einen der Begründer dieses Stils probieren können) und langsam tauchen auch hierzulande die ersten Flaschen und Dosen auf. “Mr. Big” ist herrlich trüb, wie es sich für ein NEIPA gehört, und duftet dank riesiger Mengen Aromahopfen nach Zitrone, Pfirsich, Maracuja und anderen tropischen Früchten. Im Mund bleibt der fruchtige Eindruck erhalten und wird durch eine angenehme Süße und niedrige Bitterkeit passend unterstützt. Ein sehr ausgewogenes Bier, dem man die 6,7 % nicht anmerkt und das außerdem mit einem sehr hübschen Etikett aufwarten kann. Kaufen! Trinken!
Lesenswert
Sexismus in der Gastrobranche
Restaurantküchen sind noch immer sehr männlich dominiert und auch wenn dort allgemein ein rauer Umgangston herrscht, müssen gerade Frauen in der Ausbildung einiges mitmachen. “Hat die Berliner Gastronomiebranche ein Sexismusproblem?”, fragt deswegen ein Artikel von Christin Odoj.
Influencer Marketing gone gaga
Wer denkt, dass manche Fälle des Influencer Marketings hierzulande schon kaum an Absurdität zu übertreffen sind, sollte mal einen genaueren Blick auf den internationalen Matratzenmarkt werfen – dort tobt ein regelrechter Krieg um Matratzentestblogs (ja, so etwas gibt es). Ein sehr langer, aber wirklich spannender Artikel!
14 Zapfhähne für München
Aufmerksame Leser_innen wissen um unsere Vorliebe für die Biere von Tilmans und nun macht der Brauer unseres Lieblingshellen auch auf Kneipier. Gemeinsam mit dem Wirt der Geyerwally soll im Schlachthofviertel eine Bier-Bar mit 14 Zapfhähnen entstehen und dafür wird auf Startnext gerade Crowdfunding betrieben. Habt ein Herz und investiert in Bier!
Was steht an?
#7Tage7Biere – die dritte Runde
Apropos Bier … mehr Bier-Content wird es Anfang Dezember geben. Auf mehrfachen Wunsch starten wir eine neue Trinkrunde unserer kleinen Instagram-Aktion #7Tage7Biere. Ab dem 4. Dezember öffnen wir wieder eine Woche lang verschiedene (Craft-)Biere und wir freuen uns, wenn ihr mitmacht! Die Regeln sind denkbar einfach: 7 Tage, 7 Biere – öffnet mit uns vom 4. bis 10. Dezember ein paar Biere und postet ein Foto davon auf Instagram oder Twitter, erzählt kurz was dazu, verwendet den Hashtag #7Tage7Biere und taggt uns im Beitrag. Schräge Biere, Lieblingsbiere, seltene Biere, große Biere, kleine Biere – alles ist erlaubt und wir freuen uns jetzt schon darauf, viele neue Sorten kennenzulernen.
Fotocredits: Herbstbild: Matt Lewis via Unsplash; erstes Foto aus dem Blitz (Innenraum): Jan Schnüre.
Hinweis: Zu dem mit Sternchen (*) markierten Restaurantbesuch wurden wir freundlicherweise eingeladen – wie immer bleibt unsere Meinung davon unberührt.
4 Kommentare
Oh nein, in der Woche von 7Tage7biere bin ich 3 Tage verreist 🙁
8. November 2017 at 7:48Zu Pizza und Bier will ich auch die ganze Zeit schon ?
Freue mich schon auf die nächste Zusammenfassung
Dann muss das Bier eben mitreisen, Björn! Es gibt kein Entkommen! 😉 Und lass uns Pizza und Bier mal gemeinsam besuchen!
9. November 2017 at 17:50Also beim Biergeschmack seids ihr mit dem Gatten absolut auf einer Wellenlänge! Das Tilmans ist auch sein absolutes Lieblingsbier aktuell. Ich hab´ ihm die Crowdfunding-Seite gleich weitergeleitet… 🙂 Liebe Grüße, Ina
12. November 2017 at 13:48Hehe, dann prosten wir deinem Gatten gleich mal zu! Das Helle von Tilmans ist aber auch wirklich gut. 🙂
13. November 2017 at 23:23