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Nach mehreren langen USA-Urlauben haben wir vermutlich mehr amerikanische Städte besucht, als ähnlich große Orte in Deutschland. Dabei gibt es auch hierzulande so viel zu entdecken. Zumindest denken wir uns das jedes Mal, wenn wir auf der Autobahn an einem dieser braunen Hinweisschilder (auf Amtsdeutsch: “touristische Unterrichtungstafeln”) vorbeifahren, die auf Sehenswürdigkeiten oder Besonderheiten einer Stadt oder Region aufmerksam machen. Eines dieser Schilder, das wir schon zig Mal passiert haben, steht an der A5. “Fächerstadt Karlsruhe” prangt darauf, doch was genau Karlsruhe eigentlich zur Fächerstadt macht, haben wir dann doch nie weiter hinterfragt.
Bis jetzt. Denn im November nehmen wir endlich die Abfahrt, die uns in die Karlsruher Innenstadt führt. Wir verbringen ein kulinarisches Wochenende in Karlsruhe, an dem wir neben gutem Essen und köstlichen Drinks so viel von der Stadt sehen, dass wir ihr gleich zwei Beiträge widmen möchten. Über unsere kleine Food-Tour lest ihr hier ein andermal, einen ersten Eindruck von der Stadt in Baden-Württemberg bekommt ihr aber jetzt schon. Und natürlich erfahrt ihr auch, was Karlsruhe eigentlich zur Fächerstadt macht.
Hallo, Karlsruhe
Als wir am Freitagnachmittag in Karlsruhe ankommen, tauchen die letzten Sonnenstrahlen des Tages die recht monumentalen Gebäude der Innenstadt in ein warmes Licht. Wir beeilen uns also mit dem Check-in im Hotel Kaiserhof, um kurz darauf wieder aufzubrechen und die Stadt etwas näher kennenzulernen. Obwohl es schon dunkel ist, herrscht emsiges Treiben – Karlsruhe macht sich schick für den bevorstehenden Weihnachtsmarkt. Auf dem Marktplatz wird noch an den Buden gezimmert, aber bereits jetzt steht die diesjährige Attraktion – ein Riesenrad, das die Besucher_innen über die Giebel der klassizistischen Anlage tragen wird.
Einige Schritte weiter landen wir auf dem Schlossplatz, wo ebenfalls fleißig gewerkelt wird, denn hier entsteht eine lange Eislaufbahn, die den Winter über dort zu sehen sein wird. Kurz ärgern wir uns, dass wir es terminlich nicht hinbekommen haben, unser Wochenende in Karlsruhe in die Vorweihnachtszeit zu legen. Das, was hier aufgebaut wird, sieht schon jetzt vielversprechend aus und das Schloss im Rücken bietet eine mehr als perfekte Kulisse. Begleitet wird unser abendlicher Ausflug durch die Innenstadt von den Scheinwerfern überdimensionaler gelber Lampen, die immer mal wieder Highlights der Karlsruher Stadtentwicklung beleuchten. So erstrahlen die Lampen nicht nur vor dem Schloss, sondern auch vor dem Rathaus und an vielen anderen Stellen der Stadt.
Vom Marktplatz zum Schloss – wie war das jetzt mit diesem Fächer?
Einen genaueren Blick auf die Highlights der Innenstadt können wir gleich am nächsten Morgen werfen, denn wir lernen Karlsruhe gemeinsam mit einer offiziellen Gästeführerin kennen. Los geht’s am zentralen Marktplatz, dem Herzen der Stadt, wo auch unser Hotel liegt. Mittelpunkt der klassizistischen Anlage ist eine Pyramide aus rotem Sandstein, die von der Ägyptenbegeisterung zeugt, die Europa nach den Napoleonischen Kriegen erfasste. Hier liegt der Stadtgründer Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach begraben, auf den auch die Sache mit dem Fächer zurückgeht, wie wir gleich erfahren.
Um das Phänomen richtig erfassen zu können, laufen wir gemeinsam zum Schloss, dessen glitzerndes Goldgelb im Sonnenschein und mit blauem Himmel besonders gut zur Geltung kommt. Das Gebäude sieht übrigens nur noch von außen aus wie ein Schloss, denn beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die barocke Fassade zwar rekonstruiert, das Innere aber als Museum konzipiert. Fürstliche Zimmer kann man hier zwar nicht mehr finden, dafür aber das Badische Landesmuseum mit seiner kunst- und kulturhistorischen Sammlung. Im Mittelpunkt der Schlossanlage ragt ein achteckiger Turm empor, dessen 165 Stufen wir nun in die Höhe steigen. Hier oben macht es Klick, denn vom Schloss aus sieht man, wie sich 32 Straßen und Wege strahlenförmig in die Stadt erstrecken. Der Legende nach soll der Markgraf beim Nickerchen nach einem Jagdausflug von einer fächerförmigen Stadt mit einem Schloss im Zentrum geträumt haben. Und zack, die Fächerstadt Karlsruhe war geboren. Aber auch ohne Interesse an Stadtplanung lohnt sich der nicht allzu anstrengende Aufstieg, denn der Ausblick über Schlossgarten und Stadt bis zum Schwarzwald und die Pfälzer Berge ist gerade bei schönem Wetter traumhaft.
Im Schlossgarten sind dank des tollen Wetters viele Menschen unterwegs, und auch wir schlendern ein wenig unter den Bäumen entlang. Dass uns ausgerechnet ein großer Ginkgo mit seinen fächerförmigen Blättern am Eingang begrüßt, ist sicher kein Zufall. Bald landen wir im kleinen, aber schön angelegten und kostenlosen botanischen Garten, wo im Sommer die badischen Weinstuben zum Sitzen einladen. Ohnehin spielt sich in der Stadt viel draußen ab, denn die Karlsruher_innen sind beneidenswert sonnenverwöhnt, gehört Karlsruhe doch zu den sonnenreichsten Städten Deutschlands. Nur wenige Minuten von der Fußgängerzone entfernt findet man hier jedenfalls einen wunderbar ruhigen Ort zum Entspannen. Das ist es auch, was für viele den Reiz der badischen Stadt ausmacht. Gleich mehrfach an diesem Wochenende hören wir, dass man besonders die vielen grünen Oasen der Stadt und die großen Naturareale in der Umgebung schätzt.
Zwischen Recht und Baustellen
Auf unserem weiteren Weg werden wir direkt neben dem Schloss aufmerksam von der Polizei beobachtet, denn hier hat das Bundesverfassungsgericht seinen Sitz. Die gläsernen Fassaden spiegeln die Idee der Einrichtung wider, die hier möglichst transparent für alle Bürger_innen über die zentralen Fragen des Landes entscheiden soll. Überhaupt zieht sich das Thema Recht ein wenig durch unseren Rundgang, so zum Beispiel am Platz der Grundrechte, der 2005 zum 50-jährigen Bestehen des Gerichts entstand. Bereits am Abend zuvor hat das imposant beleuchtete Kunstwerk unsere Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Der Künstler Jochen Gerz hat dafür 48 sehr unterschiedliche Aussagen zum Thema Recht und Gerechtigkeit zusammengestellt und lässt jeweils zwei davon auf einem Schild aufeinandertreffen. Es lohnt sich, hier einen Moment stehenzubleiben und die oft widersprüchlichen Statements auf sich wirken zu lassen.
Bei unserem Zickzackweg durch die Innenstadt kreuzen wir immer wieder die Kaiserstraße, die zentrale Einkaufsstraße der Stadt. Hier lernen wir auch das kollektive Trauma der Einwohner_innen kennen: Baustellen. Wo in anderen Städten der Small Talk zum Wetter geführt wird (oder in München zu den Mieten), haben in Karlsruhe alle was zum Thema Baustellen zu sagen. Besonders auffällig ist das hier, wo die bisher oberirdisch verlaufende Tram unter die Erde verlegt wird. Das dauert natürlich eine Weile, und auch sonst wird angeblich jede Straße im Wochenrhythmus aufgerissen. Wir entdecken sogar ein Baustellen-Memory, in dem die schlimmsten Löcher festgehalten sind. Aber ganz ehrlich: So viele Baustellen begegnen uns gar nicht; wir haben eher den Eindruck, dass sich der Running Gag mittlerweile verselbstständigt hat.
Wenig später stehen wir wieder vor der Pyramide und haben verstanden, was wir im Laufe des Wochenendes öfter zu hören bekommen. Es gibt nicht das EINE absolute Highlight, wegen dem man Karlsruhe besuchen sollte. Es ist eher das Gesamtpaket, das das Leben auch für die Bewohner_innen so angenehm macht. Viele kleine Besonderheiten, Orte und Veranstaltungen machen den Reiz der Stadt aus. Das können auch die Baustellen nicht zerstören.
Audiovisuelles Kunstspektakel: das ZKM
Das museale Highlight der Stadt haben wir uns bis ganz zum Schluss aufgespart. Das Zentrum für Kultur und Medien ist weit über die Grenzen Karlsruhes hinaus bekannt und wurde kürzlich sogar von der Kunstdatenbank ArtFacts unter den 5 bedeutendsten Kunstinstitutionen der Welt geführt. Bereits auf dem Vorplatz des eindrucksvollen Glasbaus, in dem sich früher eine Munitionsfabrik befand, versucht eine Skulptur, mit uns Kontakt aufzunehmen. Aus der begehbaren Stahlinstallation “The Morning Line” von Matthew Ritchie tönen sphärische Klänge und bereiten uns schon einmal auf das audiovisuelle Erlebnis vor, das uns im ZKM erwarten wird. Wie befürchtet ist der Andrang am Sonntagnachmittag groß. Besonders in der Sonderausstellung “Open Codes” wuseln erstaunlich viele Familien mit Kindern umher. Das Motto dieses “Bildungsexperiments”, nämlich “freier Eintritt, freies Obst, freie Getränke, freie Gedanken, freies WLAN, freier Strom”, scheint anziehend zu wirken. Drinnen beschäftigen sich zahlreiche – oft interaktiv angelegte – Installationen mit der “Welt als Datenfeld”. Vieles dreht sich um virtuelle Realitäten, künstliche Intelligenz und ähnliche Themen. Mittendrin findet gerade eine Konferenz statt; wir bekommen nur am Rande mit, wie auf Englisch über uns völlig unverständliche Themen aus der Informatik diskutiert wird. Irgendwie ganz schön wuselig und überfordernd.
Im restlichen Teil des Museums ist es leerer, aber nicht weniger fordernd. Überall blinkt und zwitschert es, Filme werden über Monitore abgespielt und merkwürdige Maschinen bewegt. Die Ausstellung “Kunst in Bewegung. 100 Meisterwerke mit und durch Medien” hätte eigentlich schon alleine die Dauer unseres Besuchs erfordert. Gerade für die zahlreichen Videoinstallationen sollte man sich viel Zeit nehmen, wenn man sich ernsthaft mit ihnen auseinandersetzen möchte. Das gilt ebenso für die Ausstellung zu digitaler afrikanischer Kunst, die wir leider nur kurz anschauen können. Denn schließlich lockt auch noch die Gameplay-Plattform des ZKM, wo seit 2018 die Geschichte des Computerspiels praktisch erfahrbar gemacht wird. Von Tetris und Pacman bis zu aktuellen künstlerischen und politischen Auseinandersetzungen mit dem Medium lässt sich alleine hier locker ein halber Tag verzocken. Daher unser Tipp: Lieber für einzelne Ausstellungen viel Zeit einplanen, anstatt alle Inhalte des doch sehr großen Museums nur zu streifen.
Mittelalterliches Flair in Durlach
Am Sonntagmorgen machen wir uns bei schönstem Sonnenschein auf in Richtung Osten, um uns vor unserer Abreise noch ein paar Ecken des größten Stadtteils Karlsruhes anzusehen. Bis 1938 war Durlach noch eine eigenständige Stadt und zuvor die erste Residenz des Markgrafen. Vor allem die mittelalterlichen Gassen und der Turmberg ziehen uns her, also geht es für uns erst einmal hoch hinaus. Na gut, ganz so hoch dann doch wieder nicht, aber immerhin 100 Höhenmeter rattern wir mit der ältesten Standseilbahn Deutschlands den Turmberg hinauf. Beim Anblick der gelb-roten Turmbergbahn kommt fast schon ein bisschen Lissabon-Feeling auf. Oben angekommen erwartet uns auf der Terrasse ein toller Ausblick auf Durlach und Karlsruhe, der scheinbar auch gerne als Kulisse für Hochzeitsshootings genutzt wird. Doch wir wollen noch höher hinaus und betreten den Wachturm der ehemaligen Burganlage aus dem 11. Jahrhundert. Weitere 28 Meter führen uns die Stufen nach oben. Keuchend erreichen wir das Plateau und werden mit einem Blick auf die Rheinebene belohnt.
Wieder unten in Durlach angekommen, setzen wir unseren Spaziergang fort. Viel los ist hier nicht am Sonntagmorgen, die Altstadt schlummert vor sich hin, und wir lassen uns einfach ein wenig durch die engen malerischen Gässchen treiben, bewundern die hübschen, mit Efeu bewachsenen Häuschen und genießen die Sonne. Immer wieder entdecken wir an und teilweise in den Hauswänden die Überreste der alten Stadtmauer – hier ein Torbogen, da eine Ecke mit uralten Steinen. Am Rathaus wundern wir uns ein wenig über die sehr freizügige Gestaltung des Lebensbrunnens und können verstehen, warum er im Volksmund nur Liebesbrunnen heißt. Damit ist unser Rundgang durch Durlach auch schon wieder vorbei und wir fahren ein letztes Mal zurück in die Innenstadt, um uns dort mit Kaffee und Kuchen für die bevorstehende Rückreise zu versorgen.
Karlsruhe an einem Wochenende entdecken
Ein Wochenende reicht gut aus, um sich einen ersten Überblick über Karlsruhe zu verschaffen; noch besser ist ein verlängertes. Mit unseren zwei Übernachtungen und zwei vollen Tagen haben wir einige Highlights der Stadt erkunden können, doch ein dritter voller Tag wäre ideal gewesen, um alles zu schaffen, was wir uns vorgenommen hatten.
Perfekt für den Einstieg ist die Teilnahme an einer der öffentlichen Stadtführungen. Für 10,50 € pro Person kann man sich am Wochenende die Stadt aus der Sicht eines/er Gästeführer_in zeigen lassen. Wer Lust auf eine themenspezifische Kostümführung hat, kann sich zum Beispiel vom Waschweib Mimi Anekdoten aus dem Schloss erzählen lassen.
Besonders flexibel ist man mit der Karlsruhe Card (48 Std./22,50 €). Damit kann man nicht nur die öffentlichen Verkehrsmittel unbegrenzt nutzen, sondern es sind auch die Eintritte für zahlreiche Museen und Sehenswürdigkeiten enthalten. Dazu gehören auch der Aufstieg auf den Schlossturm, das ZKM oder die Fahrt mit der Turmbergbahn in Durlach.
Übernachten in Karlsruhe: Hotel Kaiserhof
Karlsruhe lässt sich hervorragend zu Fuß oder mit der Straßenbahn erkunden, und das geht umso besser, wenn das Hotel gleich mitten im Geschehen liegt. Zentraler als im Hotel Kaiserhof am Marktplatz kann man kaum übernachten, sodass wir das Auto die ganze Zeit stehen lassen können. Unser hübsches Zimmer in dem 4*-Hotel scheint nach und nach modernisiert worden zu sein, das lässt zumindest die etwas zusammengestückelte Einrichtung vermuten. Praktisch ist, dass die erste Minibarfüllung inklusive ist und wir uns so erst mal mit einer lokalen Hopfenlimo erfrischen können. Die Betten sind bequem, und wer mit der Kissenauswahl nicht zufrieden ist, kann etwas Passenderes aus dem Kissenmenü auswählen und sich aufs Zimmer bringen lassen.
Ebenfalls zum Hotel gehört ein kleiner Saunabereich, in dem wir uns nach dem langen Samstag im Freien aufwärmen können. Die Einrichtung mit einer Sauna und einer Dampfkabine ist zwar überschaubar, aber alles ist in sehr gutem Zustand, und außer uns hat an diesem Abend sowieso kein anderer Gast Lust aufs Schwitzen. Einzig das Frühstück entlockt uns keine Begeisterungsstürme, denn das im Keller aufgebaute Buffet ist zwar sehr umfangreich, kommt aber über einfachste Standards nicht hinaus. Mit wenig frischen Zutaten und vielen Fertigprodukten schaffen wir uns zwar eine Grundlage für den Tag, aber geschmacklich ist das leider kein Highlight. Wer also Wert legt auf ein gutes Frühstück, sollte lieber eines der vielen schönen Cafés der Stadt besuchen.
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Hinweis: Vielen Dank an Karlsruhe Tourismus für die Einladung zu diesem schönen Wochenende! Unsere Meinung bleibt davon, wie immer, unberührt.
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