Ein arbeitsreicher Juli liegt hinter uns, der nicht viel Zeit für den Blog übrig ließ. Viele Pläne wurden verschoben oder gleich ganz verworfen. Doch was im ersten Moment Bauchziepen und ein schlechtes Gewissen bereitete, mündete schnell in gleichgültige Gelassenheit. Kommste heut nicht, kommste morgen. Der Sommer ist noch lang und der August steht vor der Tür, der sich bereits mit mehr Zeit zum Duchatmen, einem Geburtstag, einem Kurztrip und zwei kleinen Veränderungen ankündigt, und uns hoffentlich ebenso mit guten Drinks versorgen wird wie der Juli.
Unterwegs
Brügge sehen und … essen
Vier Tage, sieben Personen auf engem Raum, ein Familientreffen. Was klingt wie ein perfektes Horrorfilmsetting, entpuppte sich zum Glück als ein kulinarisch ambitioniertes, nettes Wochenende im überaus malerischen Brügge in einer mindestens ebenso malerischen Unterkunft. Den belgischen Triathlon – Pommes, Waffeln, Pralinen – absolvierten wir mit Leichtigkeit und verbrachten den Rest der Zeit damit, über unsere Familie zu staunen, die offenbar noch hungriger reist als wir. Da sich so innerhalb kürzester Zeit einige kulinarische Tipps für Brügge sammeln ließen, berichten wir hier bald mal etwas ausführlicher darüber. (Sabrina)
Über den Dächern Münchens: Med Rooftops mit Gin Mare*
Wenn der Lieblingsgin zur mediterranen Dachterrassenparty einlädt, zögert man nicht. Auch nicht, wenn es regnet. Schließlich warten bei den Gin Mare Med Rooftops nicht nur gute Drinks und eine tolle Aussicht, sondern auch ein kleiner Mix-Workshop mit der Londoner Barkeeperin Robyn Wilkie. Schnell wird es praktisch, denn wer einen der vier Gin-Cocktails – von Gin & Tonic bis Martini – probieren will, muss selbst Hand an die Shaker legen. Kurz darauf gieße ich einen Frozemary mit Gin Mare, Aperol, Rosé, Erdbeerpüree und Rosmarin in mein Glas und bilde mir ein, ihn ganz gut hinbekommen zu haben. Doch eigentlich schmecken alle Drinks hervorragend. Der Basil Smash ist im Sommer sowieso ein absoluter Hit und der Triple Orange – ein Gin & Tonic mit Orangenmarmelade, Orange Bitters und Orangenschale – ist jetzt schon der Drink, den ich in diesem Sommer bislang am häufigsten getrunken habe. Insgesamt sind es eher klassische Drinks, die sich Robyn für uns überlegt hat. Das passt ganz gut zum aktuellen Trend, denn viele Bars setzen vermehrt auf simple, herbe Klassiker mit wenigen Zutaten.
Beim anschließenden Food Pairing mit der Deutschen See Fischmanufaktur, bei dem frische Austern mit einem Schuss Gin und gutem Olivenöl kombiniert werden, setze ich aus und lausche nur gespannt. Immerhin weiß ich jetzt, dass man Austern idealerweise sechsmal kaut (nicht schlürft!), um den vollen Geschmack hervorzukitzeln. Ich greife lieber noch mal zum Basil Smash, der die mediterranen Botanicals des katalanischen Gins besonders gut unterstützt. Dabei genieße ich die letzten Sonnenstrahlen, die an diesem Abend doch noch sporadisch durch die verhangene Wolkendecke blitzen und der Dachterrasse der Skyloftstudios einen Hauch Mittelmeer-Feeling verleihen. (Sabrina)
Vom Historiker zum Master Distiller: Jared Brown und Sipsmith Gin*
Wir schreiben den Sommer 2017 und noch immer ist kein Ende des Gin-Booms in Sicht. Uns soll es recht sein, haben wir doch noch längst nicht alle Gins probiert, die der Markt so hergibt. Bisher gar nicht auf dem Schirm hatten wir – übrigens zum Entsetzen der Isarblogger – den Sipsmith aus London. Glücklicherweise ist Jared Brown, seines Zeichens Master Distiller und einer der drei Gründer der Destillerie, derzeit auf Promotour und hat auch in München mit ein paar Flaschen im Gepäck haltgemacht. Auf der Terrasse des Victorian House in Neuhausen dürfen wir ausgiebig probieren, wie sich die Spirituose nicht nur pur, sondern auch im Cocktail schlägt.
Sipsmith blickt auf eine vergleichsweise kurze Geschichte zurück. Begonnen hat alles vor sieben Jahren in einer kleinen Garage in London, und auch heute noch sieht man sich gerne als Underdog (auch wenn die Brennerei nebenbei sogar den offiziellen Gin des britischen House of Commons erzeugt). Dazu gehört auch, dass bei der Herstellung keine Kompromisse eingegangen werden. Bis heute wird mit Kupferbrennblasen gearbeitet, denn das Ziel von Jared und seinem Team sei es, möglichst nah an den traditionellen London Dry Gin heranzukommen. Überhaupt spielen Tradition und Geschichte eine wichtige Rolle, ist der Chefbrenner doch gleichzeitig ein umtriebiger Historiker, der gemeinsam mit seiner Frau Hunderte Artikel und Bücher zur Geschichte des Trinkens, Brennens und Mixens veröffentlicht hat (ich gebe es zu, als er mir das erzählt, ist es um mich geschehen – Historiker halten zusammen). Entsprechend klassisch schmeckt auch der Sipsmith-Gin: viel Wacholder, gerade im Abgang, ein wenig unterstützende Zitrusnoten und eben keine besonders exotischen Aromen. Der Gin ist zudem recht weich und süßlich und damit auch pur gut trinkbar. Kein Botanical- oder Alkoholmonster, aber auch nicht zu beliebig.
Der perfekte Gin & Tonic ergibt sich in Kombination mit Fever-Tree, die den Londoner Gin sogar selbst als ideales Pairing zu ihrem Indian Tonic empfehlen. Auch sonst macht er sich gut in alten und neuen Klassikern wie Gimlet – bei uns mit einem Hauch Erdbeere perfekt abgerundet – , Martini oder Basil Smash. In allen Drinks schafft es der Gin, seinen eigenen Charakter zu behalten. Wenn euch die hübsche Flasche mit dem Schwan auf dem Etikett (der übrigens die Brennblasen von Sipsmith symbolisieren soll) also mal über den Weg läuft, könnt ihr damit guten Gewissens eure Hausbar aufstocken. (Steffen)
Betreutes Trinken im Blauen Wunder: Gin destillieren
Kaum drei Wochen nachdem ich mein erstes Craft-Beer-Tastings erfolgreich hinter mich gebracht habe, bin ich schon wieder bei Vivi im Blauen Wunder. Diesmal allerdings als Gast, denn Hans von den Barrel Brothers hat zur dritten Runde seiner Reihe “Betreutes Trinken” eingeladen. Allerdings sind die anderen Teilnehmenden und ich nicht (allein) zum Trinken gekommen, sondern um unseren eigenen Stoff herzustellen. Gin destillieren ist angesagt, und ich träume kurz von der eigenen Marke, mit der ich die Spirituosenwelt im Sturm erobern werde. Doch zuerst gibt Hans einen Überblick über den Destillationsprozess, der im Grunde nur eine Veredelung darstellt, denn den Alkohol kauft man natürlich ein und brennt ihn nicht selbst. 96 % hat das Zeug, das ganz unromantisch aus einem Plastikkanister kommt und in drei umso schöneren Mini-Destillen landet. Diese stammen aus Portugal und funktionieren nicht viel anders, als die Anlagen, die man in großen Brennereien findet. In die Brennblase kommen Alkohol und Botanicals, dann wird alles erhitzt, bis der Alkohol bei etwa 73 °C verdampft und über ein Rohr zu einer Spirale gelangt, die von außen mit Eiswasser gekühlt wird. Hier wird der Dampf wieder flüssig und tropft nun mit dem Aroma der Gewürze und Früchte vollgesogen in ein passendes Gefäß.
Klingt eigentlich sehr einfach und sollte machbar sein, denken wir, als uns Hans in drei Gruppen aufteilt und uns diskutieren lässt, welche Aromen unseren Gin prägen sollen. Wir entscheiden uns für Wacholder (klar!), Orangenschale, Süßholz, Kardamom, zwei Sorten Pfeffer und Rote-Bete-Pulver. Von Letzterem erhoffen wir uns eine rosa Färbung, doch die Menge ist wohl zu gering, und so mogeln wir zum Schluss ein wenig und färben den fertigen, auf gut 50 % verdünnten Gin mit etwas zusätzlichem Pulver. Der ganz große Wurf gelingt dabei keiner der drei Gruppen, auch wenn Hans sehr höflich alles probiert und lobt. Natürlich füllen wir trotzdem ein kleines Fläschchen unseres flamingofarbenen Gins ab und gehen mit dem Gefühl nach Hause, dass mit genügend Übung wohl doch eine Karriere als Hinterhof-Gin-Produzent_in drin wäre. (Steffen)
Lange Nacht der Brauereien
Wir haben den Juli allerdings nicht nur gintrinkend verbracht, auch das ein oder andere Bier wurde geöffnet. Neben der Braukunst Live! ist die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindende Lange Nacht der Brauereien (eigentlich sind es sogar zwei Nächte …) dabei, sich als das Craft-Beer-Event in München zu etablieren. Auf dem Gelände von Giesinger Bräu und mit dem Fokus auf lokale Biere bietet sie sowohl für Einsteiger_innen als auch Kenner_innen eine tolle Möglichkeit, einige besondere Biere zu probieren. Als ich am Samstagmittag (ja, Giesinger Nächte sind wirklich sehr lang) auf dem Gelände ankomme, ist noch nicht viel los, doch der harte Kern der Münchner Szene ist trotzdem schon dort und trinkt die ersten Biere. Obwohl es nur 20 Stände sind, ist die Auswahl der Biere überwältigend und auch für mich etwas überfordernd. Gerade auch, weil die Brauer_innen hinter den Zapfhähnen sehr gut darin sind, unentschlossene Kunden wie mich zu Bieren zu überreden, die man gar nicht auf dem Schirm hatte. So früh am Tag haben die meisten Brauer_innen auch etwas Zeit für Gespräche über aktuelle Biere, zukünftige Sude und Craft Beer im Allgemeinen.
Am Ende sind es ganz schön viele Biere, die sich zum Preis von 2-4 € in mein Glas verirrt haben, darunter auch einige Highlights, nach denen ihr Ausschau halten solltet:
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- “Old Skool”, Kreativbrauerei Kehrwieder: ein sehr bitteres und alkoholstarkes, aber dennoch gut trinkbares Double IPA.
- “Transfusion”, Yankee & Kraut: ein sehr verrücktes Lagerbier mit belgischen Einflüssen.
- “Gurken-Gose”, Hopfmeister: endlich probiert und viel besser als gedacht. Das perfekte Sommerbier für Mutige!
- “X 9.0 Amarillo IPA”, Crew Republic: eines von drei limitierten IPAs, die sich nur durch den Hopfen unterscheiden. Diese Variante hat für mich am besten funktioniert.
- “Rasberry Rocket”, Open Your Mind Brewing: ganz neu dabei und schon einen Knaller am Start: ein East coast IPA mit echten Himbeeren. Von den Jungs wird man noch hören!
(Steffen)
Entdeckt
Feine vietnamesische Küche im Koriander Too
München hat mich schon so verkorkst, dass ich mich kaum noch zum Essen aus dem Haus wage, ohne mindestens eine Woche vorab einen Tisch reserviert zu haben. Dass das an einem Dienstag, an dem das Thermometer über 30 °C anzeigt und alle in Richtung Biergarten strömen, nicht unbedingt notwendig ist, weiß ich jetzt auch. Zumindest haben Ines und wir freie Platzwahl im Koriander Too – dem hochgelobten vietnamesischen Restaurant in Haidhausen, das schon seit Jahren auf unserer Must-visit-Liste steht. Das Jadegrün-meets-Holz-Interior ist überraschend stylish und modern, der Service überaus freundlich und aufmerksam. Der Blick auf die Karte offenbart, dass es sich hier ganz sicher nicht um einen 08/15-Vietnamesen handelt. Steffen entscheidet sich sofort für das in Kokoswasser geschmorte karamellisierte Schwein mit Wachteleiern, Wasserspinat und Anissoße (Thịt kho trứng, 18,80 €). Die Kombination mit Wachteleiern mag im ersten Moment etwas ungewohnt sein, doch die Aromenvielfalt auf dem Teller bringt ihn schnell ins Schwärmen. Enttäuschend lesen sich dagegen die wenigen vegetarischen Gerichte, denen allesamt die Kreativität und Raffinesse der restlichen Speisen fehlen – zumindest auf der Karte. Umso mehr freue ich mich über die Tageskarte, auf der ich immerhin ein vegetarisches Gericht abseits von gebratenem Reis und Nudeln finde: Tofu cà ri – ein Tofu-Curry mit Süßkartoffeln, Karotten und Orange (15,90 €). Eigentlich ein einfaches Gericht, das aber so hervorragend und besonders abgeschmeckt ist, dass ich fast schon traurig bin, nicht alles zu schaffen. Kurzum: Wir sind uns schnell einig, dass wir wieder kommen müssen. Im Vergleich zu anderen Vietnamesen ist das Koriander Too zwar etwas hochpreisiger, doch dafür bekommt man unverfälschte und feine vietnamesische Küche mit einem besonderen Dreh. Koriander Too // Einsteinstraße 113, München.
(Sabrina)
Frühstücken am Gärtnerplatz: das Cotidiano
Sonntagmorgens herrschen am Gärtnerplatz amerikanische Verhältnisse. Bis auf die Straße drängt sich die Traube der Frühstückshungrigen, die auf ein Plätzchen im Cotidiano hoffen. Das kenne ich so nur aus den letzten USA-Urlauben. Reservieren kann man hier nicht, also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich ebenfalls einzureihen. Zum Glück müssen wir nicht lange warten und bekommen nach 10 Minuten einen Platz an einer langen Holztafel zugewiesen, die wir uns mit ein paar anderen Gästen teilen. Voll ist es, entsprechend hoch auch der Geräuschpegel. Gemütlich ist es trotzdem, was nicht zuletzt dem hellen, offenen Raum mit rustikalem Holz-Interior und angrenzender Bäckerei geschuldet ist. Frühstück wird den ganzen Tag serviert, entsprechend umfangreich ist auch das Angebot. An uns vorbeigetragen werden opulente Teller mit dick belegten Broten und Croissants mit Rührei und Salatbeilage. So was möchte ich auch und bestelle das “Alpenglück” – ein Laugencroissant mit Ziegenkäse-Schnittlauch-Rührei – und eine halbe, mit Hummus gefüllte Avocado. Dazu teilen wir uns einen großen Obstsalat. Lecker (wenn auch nicht wahnsinnig kreativ), aber ganz schön üppig. Wer es auf etwas kleinere Portionen abgesehen hat, kann sich auch selbst ein Frühstück nach dem Baukastenprinzip zusammenstellen. Wir kommen sicher bald noch einmal – dann aber, um uns das überaus ansprechende Kuchen- und Gebäckangebot etwas näher anzuschauen. Cotidiano // u. a. Gärtnerplatz 6, München.
(Sabrina)
Lesenswert
“Detox is pseudoscientific bullshit”
Über einen Artikel im Guardian, in dem das kürzlich erschienene Buch “The Angry Chef” von Anthony Warner vorgestellt wird, sind wir auf den gleichnamigen, sehr unterhaltsamen Blog gestoßen. Der 44-Jährige kämpft als “Angry Chef” schon seit einigen Jahren gegen esoterisches Ernährungsgeschwurbel. Wenn ihr also wissen möchtet, was an Konzepten wie Clean Eating, Juice Cleanses, Detox, Superfoods etc. schwierig sein könnte, lest mal rein, denn am Ende des Artikels entkräftet Warner gleich noch einige Ernährungsmythen im Schnelldurchlauf. (Steffen)
Fotocredit: Foto mit Ananas: Pineapple Supply Co. via Unsplash.
Hinweis: Zu den mit Sternchen (*) markierten Veranstaltungen wurden wir freundlicherweise eingeladen – wie immer bleibt unsere Meinung davon unberührt.
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