Der Januar brachte viel Arbeit, wenig Zeit und kaum Raum für Küchenexperimente. Gegessen wurde am Schreibtisch, zwischen Tür und Angel und hin und wieder außer Haus. Getrunken wurde dafür umso mehr – zumindest gegen Monatsende. Und sonst? Sonst war’s ruhig. Und deshalb fällt der Monatsrückblick auf den Januar zur Abwechslung mal überschaubar aus.
Unterwegs
Auf der Suche nach Spirituosentrends 2018 auf der Finest Spirits*
Die Wochenenden Ende Januar/Anfang Februar sind bei uns inzwischen grundsätzlich geblockt. Während man sich noch an die neue Jahreszahl gewöhnt, werden im MVG-Museum die neusten Spirituosen- bzw. Biertrends präsentiert. Den Anfang macht dabei die Finest Spirits, die in diesem Jahr am letzten Januarwochenende ihre Pforten öffnete. Wir haben einen halben Tag zwischen Whisk(e)y, Gin und Likör verbracht und nach spannenden Spirituosentrends Ausschau gehalten. Im Gegensatz zu den letzten Jahren ist es uns allerdings gar nicht so leicht gefallen, große Veränderungen ausfindig zu machen. Mezcal, den wir in diesem Jahr gerne stärker gefeatured gesehen hätten, tauchte quasi gar nicht auf und auch von Korn, dem seit einiger Zeit ein craftiges Comeback prophezeit wird, keine Spur. Dem Fokusthema “Bourbon” haben wir uns vor allem an der neuen, viel größeren Finest-Spirits-Bar gewidmet, an der Richi vom Juleps wie jedes Jahr hervorragende, innovative Drinks mixte – von den Hunderten kleinen Brennereien, die aktuell in den USA den Markt aufmischen, war sonst jedoch nicht allzu viel zu sehen. Ihr merkt schon, die ganz große Überraschung ist für uns in diesem Jahr ausgeblieben, aber wir haben dennoch einige spannende Entdeckungen machen können.
Skin Gin
Erstaunlicherweise ist der Gin-Boom nicht zu brechen und noch immer entdecken wir spannende, (für uns) neue Sorten. Beim Skin Gin** waren wir zunächst etwas skeptisch, liegt der Fokus doch erst einmal auf dem Äußeren – einer mit Kunstleder bezogenen Flasche. Diese gibt es in verschiedenen Varianten, sodass für alle die perfekte Hülle für das eigene Regal dabei sein sollte. Zum Glück enttäuscht auch der Geschmack nicht. Wer in Sachen Gin jedoch traditionalistisch-wacholderig unterwegs ist, wird vor eine kleine Herausforderung gestellt. Denn das Botanical, das hier im Vordergrund steht, ist marokkanische Minze – und das nicht zu knapp. Im Verbund mit Tonic (idealerweise ein Dry Tonic) treten die Zitrusnoten stärker hervor und es entsteht ein markanter und frischer Gin & Tonic. Preislich bewegt man sich allerdings im oberen Segment, 35 bis 40 € sind für einen halben Liter auf den Tisch zu legen.
Krucefix Fin Spruce
Craft Spirits sind längst ein globales Phänomen und es lohnt sich, auch mal über die Grenzen Deutschlands hinauszuschauen. Krucefix nennt sich eine junge Brennerei aus den Bergen Sloweniens, die aus den Zutaten der Region Schnäpse herstellt. Uns hat besonders der Fin Spruce gefallen, der aus fermentierten Fichtenspitzen gebrannt wird. Klar, das schmeckt nach Wald, aber auf eine erstaunlich angenehme und würzige Art und Weise. Ein spannender Spirit, der sich mit Sicherheit in allen sonst ginbasierten Drinks gut macht, vom Fin & Tonic bis zum Finlet. Destilliert wird übrigens auf der alten Brennanlage des Vaters, der noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs die Bewohner der Gegend mit der slowenischen Variante des “Moonshines” versorgt hat.
Cosmic Spirits Absinth
Ein ganz kleines Revival erlebt eine Spirituose, die uns seit unserer Studentenzeit nicht mehr ins Glas gekommen ist: Absinth. Bei Cosmic Spirits als handwerklich hergestellter Kräuterschnaps, ohne Farbstoffe und mit Biozutaten. In München wird seit einiger Zeit in einem Atelier im Container Collective hinter dem Ostbahnhof gebrannt – was als Kunstprojekt begann, ist inzwischen zu Qualitätsalkohol gewachsen. 17 Kräuter werden zweimal mazeriert, das dabei entzogene Chlorophyll sorgt für die grüne Farbe. Für den richtigen Genuss wird langsam Eiswasser über ein Stück Zucker in den Absinth getröpfelt, während sich dabei die ätherischen Öle bei unterschiedlichen Verdünnungsgraden lösen. Das Spektakel mit dem Feuer, wegen dem wir früher hauptsächlich Absinth bestellt haben, ist bei diesem Qualitätsprodukt übrigens strengstens verboten!
Koval Millet
Schon im letzten Jahr haben wir uns für die Produkte der Brennerei aus Chicago begeistern können. In diesem Jahr stand Firmengründer Robert Birnecker persönlich am Stand – ein Grund mehr, um gleich noch einmal bei der Koval Distillery vorbeizuschauen! Schon 2008 waren der Österreicher und seine Frau Sonat Pioniere in Sachen Craft Spirits und haben es inzwischen zu einem Betrieb mit 54 Mitarbeiter_innen geschafft. Dass in den letzten zehn Jahren gut 1700 neue Brennereien entstanden sind, hat u. a. auch etwas mit dieser Erfolgsgeschichte zu tun. Gute Produkte in überaus schöner Verpackung stellen die beiden zudem her. Mir hat es vor allem der Millet**, ein Whiskey aus 100 % Hirse angetan. Ähnlich würzig wie ein Roggen-Whiskey, aber deutlich erdiger und weniger süß.
Highland Park The Dark
Der letzte Whisky des Abends war noch einmal ein richtiges Highlight. Die Highland Park Brennerei auf den Orkney-Inseln brachte schon in der Vergangenheit immer wieder heiß begehrte Sondereditionen auf den Markt und mit The Dark und The Light stehen jetzt die beiden nächsten Abfüllungen bereit. Beiden Sorten liegt der gleiche Alkohol zugrunde, “allein” die Fassreifung macht am Ende den Unterschied. Der zuerst erschienene The Dark** verdankt seinen Geschmack und seine dunkle Farbe der 17-jährigen Lagerung in Sherryfässern. Geschmacklich dominieren süßliche Aromen wie Rosinen, Trockenfrüchte und Zimt, die von einer leichten Rauchnote in Schach gehalten werden. Ein unglaublich gut ausbalancierter Single Malt, der alle Sherryfass-Fans sofort überzeugen sollte. Preislich leider ebenso unglaublich: Um die 230 € werden für die (allerdings sehr schöne) Flasche fällig.
Entdeckt
Vietnamesisches Streetfood im Chi Thu
Freitagabends in München spontan einen Tisch in einem Restaurant zu bekommen, ist gar nicht so einfach, selbst wenn man nur zu zweit unterwegs ist. Umso erfreulicher, dass wir in der Pestalozzistraße plötzlich in ein neues Lokal stolpern, das sogar zwei Plätzchen für uns frei hat. Vietnamesische Küche ist in München längst in jedem Viertel angekommen, aber zumindest Streetfood bekommt man noch nicht an jeder Ecke. Chi Thu heißt das neuste Baby einer umtriebigen Familie, die schon mehrere Restaurants in der Stadt betreibt und diesmal den Fokus auf simples Soul Food legt. Entsprechend imbissig ist der Laden aufgemacht, ohne dabei jedoch ungemütlich zu wirken. Wir bestellen und bezahlen direkt an der Theke, erhalten einen Beeper, nehmen uns Getränke aus dem Kühlschrank und suchen uns einen kleinen Tisch. Die Sitzmöglichkeiten werden von den typischen bunten Hockern dominiert, die man auch in Vietnam an jeder Ecke zu sehen bekommt. Kurz darauf vibriert und blinkt es auch schon und unsere dampfenden Teller stehen vor uns.
Die Auswahl ist überschaubar, es gibt vor allem Suppen, Salate, Bánh Mìs und Buns – typische Nudelschalen mit Gemüse und Kräutern, jeweils in vegetarischen und fleischigen Varianten. Sabrina wärmt sich an Bun Cha Gio Chay, einer Reisnudelschale mit frittierten Frühlingsrollen (9,90 €), während ich mich über Thit Kho, einen Teller mit karamellisiertem Schweinebauch in herzhafter Brühe, Ei und Reis (8,90 €) freue. Die Fleischportion ist nicht riesig, dafür unglaublich zart und würzig. Zusammen mit Reis, einem kleinen Salat (der allerdings etwas stärker angemacht sein könnte) und dem Ei ist das Ganze eine überaus glücklich machende Mahlzeit. Sabrinas Frühlingsrollen sind schön knusprig und das frische Gemüse der Bun bietet einen passenden Kontrast zu den frittierten Teigtaschen. Platz für Nachtisch haben wir keinen mehr und so kehren wir sicher bald zurück, wenn uns im Glockenbachviertel der Hunger packt – denn den Klebreis mit Durian wollen wir unbedingt noch probieren! Chi Thu // Pestalozzistr. 16, München.
Italo-Craft-Beer-Bar mit Herz: Ambar Bistro
Schön zu sehen, dass es auch nach acht Jahren in München (uaaah!) immer noch Ecken gibt, die wir bisher nicht betreten haben. Dazu gehört die Teegernseer Landstraße zwischen Ostfriedhof und Silberhornstraße – bisher gab es einfach keinen Grund, hier mal abzubiegen. Seit einiger Zeit ist dort allerdings das Ambar Bistro zu finden, in dem Craft Beer und italienische Küche aufeinandertreffen. Grund genug, um uns auf die andere Seite der Isar zu wagen und dem kleinen Lokal einen Besuch abzustatten. Sofort fällt die angenehme Playlist ins Ohr, die uns mit The Cure und Pearl Jam begrüßt. Eine feste Speisekarte gibt es zwar nicht, dafür eine regelmäßig aktualisierte Getränkekarte, auf der mehr als 40 Craft-Biere zu finden sind – darunter einige lokale Bekannte, von Tilmans über Hopfmeister bis Crew Republik, vieles aus Bayern sowie einige eingelagerte italienische Flaschen. Als die ersten beiden Biere vor uns stehen, (ein Grünhopfen-Pils von Schönramer und das malzige E.T.A. Hoffmann von Mahrs Bräu aus Bamberg), bringt uns der gut gelaunte Service die große Tafel an den Tisch, die verrät, was die Küche heute zu bieten hat. Vor allem sind es Gerichte aus Neapel und Umgebung, der Herkunft Gianluca Massas, dem Besitzer des Ambar Bistros. Der Oktopus-Kartoffelsalat klingt zwar verführerisch (zumindestens für mich), doch wir sind heiß auf die große Antipastiplatte (13 €), die wir bei den Wallygustos schon angeschmachtet haben. Auf dem Teller, der uns kurz darauf gebracht wird, finden sich neben Wurst und Schinken verschiedene eingelegte Gemüsesorten, Oliven sowie eine große Kugel weicher, cremiger Mozzarella.
Bei den Hauptspeisen fällt die Auswahl leicht, stehen doch diesmal nur zwei Gerichte zur Auswahl. Sabrina bekommt die Tagliatelle mit Erbsencreme, Tomaten und Oliven (13 €), die sie – obwohl sie kein großer Erbsenfan ist – ganz und gar überzeugt, während sich vor mir ein riesiger Teller mit Polpette in Tomatensoße (13,50 €) breitmacht. Der neapolitanische Hackbällchenklassiker ist würzig abgeschmeckt und schön saftig. Die Tomatensoße fließt reichlich und so bleibt kein Platz für Nachtisch. Allerdings ersetzt das zweite Bier, ein Weizenbock der Brauerei Gutmann mit unglaublichen Bananennoten, das Dessert und lässt keine Wünsche offen. Und wer sich von der Bierauswahl überfordert fühlt, kann sich voll und ganz auf Gianluca verlassen, denn als Biersommelier berät er die Gäste fachkundig und äußerst charmant. Er ist es auch, der uns vor dem Gehen noch ein Glas hausgemachten Limoncello eingießt (köööööstlich!) und uns so gut gewärmt in die frostige Nacht entlässt. Ambar Bistro, wir haben uns ein bisschen in dich verliebt! Ambar Bistro //Tegernseer Landstraße 25, München.
Bier des Monats: Braupakt von Sierra Nevada und Weihenstephan
Anfang Januar haben wir uns wieder mit Karin und Torsten, Ines, Thomas und Björn getroffen, um diesmal bei unserer Tastingsrunde den Biertrends 2018 nachzuspüren. Sauerbiere und New England IPAs standen u. a. auf dem Programm und auch wenn wir wieder einige tolle Biere kennengelernt haben (z. B. das Tasty Juice von Lervig), möchten wir euch doch ein anderes Bier vorstellen. 2018 könnte das Jahr werden, in dem Craft-Bier den Sprung in die breite Masse schafft. Exemplarisch dafür steht das Kollaborationsbier, das die altehrwürdige Brauerei Weihenstephan mit den amerikanischen Craft-Beer-Pionieren von Sierra Nevada gebraut hat. Braupakt heißt das Hefeweißbier, das mit ordentlichen 6 % daherkommt und neben Hallertauer Tradition mit den Hopfensorten Amarillo und Chinook gewürzt wurde. Moderne, fruchtige Hefeweizen gibt es inzwischen einige (wir trinken im Sommer z. B. das von Tilmans sehr gerne), aber der Braupakt schafft es, dem Stil eine eigene Note zu verleihen. Braupakt ist deutlich bitterer als andere Vertreter, mit leichten Fruchtnoten und den typischen Aromen eines Weizenbiers im Hintergrund. Schön spritzig und trotzdem vollmundig ist es ein Bier, das ich mir im Sommer ebenso wie im Winter gut vorstellen kann. Wenn euch der lässige Mönchsbär also mal über den Weg läuft, packt ruhig eine Flasche ein!
Fotocredit: Liquor von Lex Guerra via Unsplash.
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4 Kommentare
Na da sag ich mal: Prost! Ein schön angedüselter Monat, finde ich 🙂
5. Februar 2018 at 17:59Angedüselt, das trifft es ganz gut. 😉
8. Februar 2018 at 19:17Ihr würdet das Chi Thu also auch für Vegetarier empfehlen? Würde gerne mal Vietnamesisch ausprobieren.
24. Februar 2018 at 16:35Ja, absolut! Es gibt auch einige vegetarische Gerichte auf der Karte. Es ist allerdings mehr Imbiss als klassisches Restaurant. Wenn ihr etwas länger sitzen wollt, probiert doch mal das Koriander, Too – das fand ich richtig gut.
25. Februar 2018 at 16:45