Cocktails sind wie Superhelden. Sie brauchen eine “Origin Story”. Ein Ereignis, das sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Batman erlebt als Kind die Ermordung seiner Eltern mit, Superman entkommt als Säugling der Zerstörung Kryptons (inklusive dem Tod seiner Eltern) und Frank Castle wird zum Punisher, als seine Familie getötet wird (hm, ich erkenne da ein Muster: Death by Origin Story). Bei Cocktails und Drinks geht es in der Regel unblutiger zu, aber auch hier hören wir oft Erzählungen aus einer mythenumwaberten Vergangenheit. Der Negroni hat seinen Grafen Camillo Negroni, für den Fosco Scarselli einen Americano mit Gin kombinierte, und bei Benton’s Old Fashioned heißt es, dass der Erfinder Don Lee seine Fatwashing-Experimente mit Bourbon und Bacon nur zu Hause und nicht in der Bar durchführen durfte.
Auch unser Drink Winter in Mexiko hat eine kleine Geschichte. Alles begann vor über zwei Jahren in Portland, Maine, wo die Abende lang und die Blogger_innen durstig waren. Nachdem wir den ganzen Tag die Stadt erlaufen, Leuchttürme gejagt, Donuts verschlungen und Katzen in Buchhandlungen gestreichelt hatten, machten wir uns auf, um das Nachtleben Neuenglands zu erkunden. Erster Anlaufpunkt war der wunderbare Portland Hunt + Alpine Club, wo wir in skandinavischer Atmosphäre vorzügliche Drinks schlürften und Parmesanpopcorn knabberten. Bei einem Drink namens “Bonecrusher” machte ich erste Bekanntschaft mit Mezcal. Der Drink haute mich völlig um und setzte sofort eine Inspirationsspirale in meinem Kopf in Gang. So nahm alles seinen Anfang (okay, die “Origin Story” ist etwas weniger aufregend als der Spinnenbiss bei Spiderman, aber es ist eine Geschichte!).
Die Idee, einen Cocktail mit Mezcal zu mixen und den Glasrand in Cayennepfeffer zu tauchen, ließ mich nicht mehr los und irgendwann stand plötzlich eine Flasche der rauchigen Agavenspirituose in unserer Küche. Einige Experimente später war die perfekte Kombination gefunden. Der Rauch des Mezcals, die Säure der Limette und die fruchtige Schärfe des Ingwers ergeben eine herausfordernde, aber harmonische Mischung, die vom Cayennepfeffer am Rand des Glases genau um den richtigen Biss ergänzt wird. Wir sind uns sicher – das ist der Drink, mit dem man in lauen mexikanischen Winternächten anstößt. Notfalls eignen sich dafür aber auch bitterkalte deutsche Silvesternächte.
Winter in Mexiko – Mezcal-Cocktail mit Ingwer (Rezept für ein Coupeglas)
4 cl Mezcal
3 cl Ingwersirup*
2 cl Limettensaft + etwas mehr um den Glasrand zu befeuchten
Cayennepfeffer für den Rand
Eiswürfel
1. Den Rand eines vorgekühlten Coupeglases mit Limettensaft befeuchten. Auf einen flachen Teller einen Ring aus Cayennepfeffer streuen und den Rand des umgedrehten Glases darin drehen.
2. Mezcal, Ingwersirup und Limettensaft mit viel Eis in einen Shaker geben und etwa 10 Sekunden gründlichen shaken. Den Drink doppelt (also nicht nur durch ein Barsieb, sondern auch durch ein feines Küchensieb) in das vorbereitete Glas abseihen. Cheers!
*Für den Ingwersirup 100 g Ingwer schälen (sodass etwa 70 g übrig bleiben) und in grobe Stücke schneiden. Zusammen mit 100 g Zucker und 100 ml heißem Wasser (hier reicht das, was euer Wasserhahn hergibt) in einen leistungsfähigen Mixer geben und gründlich pürieren. Die Flüssigkeit durch ein feines Sieb geben, die Rückstände im Sieb dabei fest ausdrücken. Die Ingwerreste entsorgen und die Flüssigkeit noch einmal durch ein Sieb gießen. Den Ingwersirup anschließend in einer sterilen Flasche im Kühlschrank aufbewahren. Dort hält er sich etwa zwei Wochen.
Und falls ihr lieber mit einem anderen Drink anstoßen möchtet: Bloody Sage – ein Blutorange-Gin-Cocktail mit Salbei oder Amaretto-Zimt-Nog mit Rum.
2 Kommentare
Eine schöne Geschichte. Ich würde gerne ein Glas, oder auch 2 davon probieren ?
10. Januar 2018 at 14:35LG, Diana
Danke, liebe Diana! Die Chancen stehen gut, dass der Winter noch ein bisschen bleibt – der Cocktail wärmt wirklich prima! 😉
13. Januar 2018 at 12:13