Während ich das erste Mal in diesem Jahr die Sonnenbrille aufsetze, die Sonnenstrahlen schon nach Frühling riechen, doch die Kälte mir gleichzeitig das Gesicht schockfrostet, muss ich an Mallorca denken. An den letzten Sommer in Sóller, an Orangenplantagen, Olivenhaine und Bergidylle. Mir ist nach Wärme! Vielleicht ist das genau der richtige Zeitpunkt, um noch einmal zurückzublicken und mit dem zweiten Teil unseres Mallorca Food & Travel Guides ein bisschen Sommerstimmung in die Kälte zu holen.
Nachdem wir uns im ersten Blogbeitrag Sóller und Port de Sóller gewidmet haben, ziehen wir weiter in die Berge. Die Serra de Tramuntana im Nordwesten Mallorcas bietet nicht nur unzählige Wanderrouten, sondern beheimatet auch die wohl schönsten Dörfer Spaniens. Allen voran Fornalutx (gesprochen Fornalutsch), das kaum malerischer sein könnte, sowie etwas weiter westlich Deià und Valldemossa. Auch der Wallfahrtsort Lluc etwas weiter im Landesinneren ist nicht allein wegen des bekannten Klosters einen (kurvigen) Abstecher wert. Die jeweiligen Orte lassen sich von Sóller aus gut mit dem Auto in einem Halbtagesausflug erreichen und teilweise kombinieren.
Fornalutx – das schönste Dorf Spaniens
An einem nicht ganz so heißen Tag macht sich unser kleiner Reisetrupp zu Fuß auf in Richtung Osten. Ein gut ausgeschilderter, leichter Wanderweg führt uns in das gerade einmal 4,5 km von Sóller entfernte Fornalutx und bietet beim Anstieg tolle Ausblicke auf Orangenplantagen, Olivenhaine und kultivierte Hänge. Bereits mehrfach wurde das kleine Örtchen als schönstes Dorf Spaniens prämiert und wir verstehen bald, wieso.
Goldgelbe Bruchsteinhäuser und -straßen, enge, verwinkelte Gässchen, dazu gesellen sich sattgrüne Orangen- und Zitronenbäumchen, Palmen und jede Menge andere Pflanzen. Hier ist alles topgepflegt – man merkt den rund 700 Einwohner_innen den Ehrgeiz an, auch weitere Preise für das hübscheste Dorf abzuräumen. Wir lassen uns durch die Kopfsteinpflastergässchen treiben, finden Überreste des Orangenfests und entdecken immer wieder neue schöne Ecken. Denn davon gibt es hier wahrlich genügend. Wenn es mir irgendwo besonders gut gefällt, stelle ich mir sofort vor, wie nett es wäre, dort für ein Weilchen zu leben. Gedanklich bin ich also schon dabei, mir hinter einem der grünen Fensterläden ein kleines Apartment einzurichten, doch vermutlich wird mich mein schwarzer Daumen daran hindern, von der Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden, denn hier gehört es offenbar dazu, sein Häuschen möglichst opulent mit Blumen und Grünpflanzen zu schmücken.
Von den Tourimassen, die das hübsche Dorf regelmäßig in Busladungen überfallen sollen, bekommen wir nichts mit. Wir sind zur Mittagszeit hier und erleben Fornalutx als sehr entspanntes, malerisches Dörfchen mit vielen Cafés und netten Geschäften, die sich besonders rund um die Plaça d’Espanya verteilen.
{Sa Cuina d’en Marc}
Da wir unsere Wanderung fortsetzen wollen, machen wir uns auf in Richtung des oberen Ortsausgangs, möchten Fornalutx allerdings nicht ohne stärkenden Kaffeestopp verlassen. Am Sonntagmittag sind die Restaurants gut gefüllt; als wir endlich einen Tisch in einem Lokal ergattern, werden wir rausgeschmissen, da man den Platz nicht an Kaffeetrinker_innen wie uns verschenken möchte. Glück im Unglück, denn nur ein paar Schritte weiter entdecken wir die einladende Terrasse von Sa Cuina d’en Marc. Ein Blick auf die Karte und die Gerichte am Nebentisch genügt, um unseren Kaffeevorsatz über den Haufen zu werfen. Zu gut klingt Marcs mallorquinische Küche mit internationalem Einschlag. Steffen bekommt ein cremiges Tintenfischrisotto, das ihn ziemlich begeistert – wir anderen teilen uns etwas Brot, Aioli und Oliven, da wir es auf den Nachtisch abgesehen haben: Erdbeer-Gazpacho mit weißem Schokoladeneis, die so gut und erfrischend ist wie erhofft. Alles kommt hübsch angerichtet und gut abgeschmeckt. Noch einen schnellen Café con leche und dann los! Wie wir jetzt mit vollen Mägen den Berg hochkommen sollen, wissen wir allerdings nicht so recht. Sa Cuina d’en Marc // Carrer Arbona-Colom, 6, Fornalutx.
{Tipic Fornalutx}
Weit kommen wir jedoch nicht, denn direkt neben dem Restaurant befindet sich der Laden Tipic Fornalutx, in dem es überaus hübsche Mitbringsel und viele regionale Produkte aus Mallorca zu kaufen gibt. Geflochtene Körbe, Baumwollkleidung, Schmuck, Tücher, Bücher, Karten – alles leicht und luftig mallorquinisch. Besonders die schönen Espandrilles von Abarca haben es uns angetan – und so wandert eben ein Paar Schuhe mit uns den Berg hinauf. Tipic Fornalutx // Carrer Arbona Colom, 4, Fornalutx.
Lluc – Wallfahrtsort in den Bergen
Der Weg nach Lluc stellt mich vor eine mittelgroße Herausforderung. Da sind sie, die berüchtigten mallorquinischen Serpentinen. Von Sóller aus ist Lluc nur über eine engkurvige Bergstraße zu erreichen, die für mich nur dank mehrerer Zwischenstopps und konstantem Luftzug erträglich wird. Gleichzeitig ist der Weg auch das Ziel, denn die Ausblicke auf die Bergwelt der Tramuntana sind spektakulär und entschädigen für die Übelkeit. Neben einer prächtigen Berglandschaft passieren wir auf dem Weg auch den türkisblauen Stausee Gorg Blau, der sich unterhalb des Bergs Puig Major erstreckt und die Mallorquiner_innen mit Trinkwasser versorgt.
Ein paar Kurven später erreichen wir endlich unser Ziel, das auf 500 Meter Höhe gelegene religiöse Zentrum der Insel. Die Gründung des Wallfahrtsklosters Lluc geht auf eine Marienerscheinung aus dem 13. Jahrhundert zurück und ist das Ziel zahlreicher Tourist_innen, die den ausgedehnten Komplex erkunden möchten. Wir haben Glück, das Kloster relativ leer anzutreffen und können uns so ohne große Wartezeiten den etwas schrägen Einführungsfilm zur Klostergeschichte anschauen (auf den man sehr stolz zu sein scheint) und uns auch sonst ohne Gedränge auf dem Gelände bewegen. Wer nur Zeit für eine kurze Wanderung mitbringt, sollte sich auf den Weg hoch zum Kalvarienberg machen, wo am Ende eines Kreuzwegs ein wunderschöner Ausblick über das Anwesen und das Tal von Lluc wartet. Zum Schluss holen wir uns noch Kaffee und Eis im Klostercafé und machen uns auf zu weltlicheren Genüssen: das nur 30 Minuten entfernte Camper-Outlet in Inca wartet auf uns!
Deià – das Künstlerdorf
Schon wieder muss ich stark sein. Aber wer schöne mallorquinische Bergdörfer sehen will, muss eben die Zähne zusammenbeißen und ganz so schlimm ist die Fahrt auf der Höhenstraße (Ma-10) der Serra de Tramuntana in Richtung Süden dann auch gar nicht. Am meisten nerven eigentlich die vielen Radfahrer, die plötzlich hinter den engen Kurven auftauchen und auch gerne mal nebeneinander die Steigungen hinaufschleichen. Auch hier lohnt die anstrengende Fahrt, denn immer wieder blitzt das royalblaue Mittelmeer hervor und sorgt für verzückte Ausrufe. Unser erster Stopp ist der (sehr) kleine Ort Deià, der schon lange einen Ruf als Künstlerdorf genießt. Hübsche, blumenverzierte Häuser drängen sich entlang der Küstenstraße und an den steilen Abhängen. Der Fußweg durch die engen und verschlafenen sandsteinfarbenen Gassen führt uns zum wahrscheinlich schönsten Friedhof der Welt – ganz oben thront er neben der alten Pfarrkirche auf der Spitze der Stadt und bietet einen weiten Blick aufs Tal, das Dorf und das im Sonnenschein glitzernde Meer. Man kann schon verstehen, warum Deià in den letzten Jahrzehnten zum Lieblingsort der Schönen und Reichen avanciert ist und sich sowohl Luxushotels als auch Sternerestaurants hier angesiedelt haben. Wer hungrig ist, findet entlang der Hauptstraße neben Galerien und kleinen Geschäften zahlreiche Restaurants aller Preisklassen, die auch am frühen Mittag schon gut gefüllt sind.
Wir aber wollen weiter nach Valldemossa. Auf dem Weg dorthin, sollte man unbedingt noch ein weiteren Stopp auf der Küstenstraße einlegen. Kurz hinter Deià (bei KM 67,5) halten wir am Aussichtspunkt des Herrenhauses Ludwig Salvators Son Marroig aus dem 16. Jahrhundert, von wo aus wir den Ausblick auf die vorgelagerte Halbinsel Sa Foradada bewundern. Das Wasser am Fuße der Klippen schimmert türkisblau und wir beneiden diejenigen, die dort mit ihrem Boot in der Bucht halten und im kühlen Wasser schwimmen. Wer etwas Zeit mitbringt, kann auf einem steilen Privatweg hinab zur Halbinsel mit dem Lochfelsen wandern und sich selbst im royalblauen Meer erfrischen.
Valldemossa – Bergidyll mit Blumenmeer
Wir hätten es natürlich ahnen können, denn nicht umsonst trägt Valldemossa den Titel des meistbesuchten Dorfs Spaniens. Dennoch erschrecken wir, als wir bei der Einfahrt in den Ort die Masse an Reisebussen sehen, die dort parkt. Da wir aber am späten Nachmittag ankommen, ist der Großteil der Tagestourist_innen wohl schon wieder auf dem Rückweg nach Palma oder zu den Bettenburgen der Südküste. Natürlich hat man sich vor Ort auf regen Tourismus eingestellt und gerade die Oberstadt, rund um die berühmte Real Cartuja de Valledemosa – ehemaliger Palast und Kloster –, ist doch sehr touristisch. Viele kommen hierher, um auf den Spuren des Künstlerpaares Frédéric Chopin und George Sand zu wandeln, die im früheren Kartäuserkloster einen “Winter auf Mallorca” verbrachten. Auch wenn man das Klostermuseum nicht besuchen möchte, lohnt sich ein Abstecher in die schöne Gartenanlage davor.
Wir verlassen die Oberstadt, wandern vorbei an Souvenierläden und deutschsprachigen Speisekarten, bis wir schließlich die Unterstadt erreichen. Dort, rund um die Pfarrkirche Sant Bartomeu, wird es deutlich ruhiger. Und so lassen wir uns treiben durch schmale, blumenübersäte Gassen, bewundern die kleinen Details, die es hier an den Häusern zu entdecken gibt, streicheln ein paar Katzen und stellen fest, dass die Stadt mit jedem Schritt schöner wird. Schließlich macht sich Hunger bemerkbar – zum Glück verbirgt eines der Sandsteingebäude ein köstliches Geheimnis.
{QuitaPenas}
Ganz versteckt in einer kleinen opulent bepflanzten Sackgasse liegt QuitaPenas, eine winzige rustikale Bar mit nur vier Tischen, von der wir bei Sarahs Krisenherd gelesen hatten. Wir schneien kurz vor der Schließung herein, doch wir haben Glück und bekommen noch etwas zu essen. Die Entscheidung fällt leicht, denn es gibt im Grunde nur ein Gericht: eine Brotzeitplatte mit lokalen Spezialitäten. Während wir uns ausruhen und die gute Musikauswahl genießen, wird hinter der kleinen Theke mit meditativer Ruhe alles Nötige zusammengestellt und schon bald duftet es nach geröstetem Brot mit Öl. Dieses wird mit Sobrasada (mallorquinischer Streichwurst), Honig und Feigen, Wurst vom Pata Negra und Käse mit Oliventapenade und Membrillo belegt und von uns bis auf den letzten Krümel verputzt. Mehr Mallorca haben wir während unserer Woche auf der Insel nicht gegessen. Fast alles, was sich auf unserem Teller befindet, gibt es glücklicherweise auch im kleinen Shop der Bar zu kaufen – wir gehen bepackt mit Honig, gerösteten Mandeln und Olivenpaste wieder raus in die Sonne. Zum Abschied bekommen wir vom überaus freundlichen Besitzer außerdem den Tipp, wo wir nach Nachtisch Ausschau halten sollten – denn wir haben es auf die beste Coca de patata des Dorfes abgesehen. QuitaPenas // Carreró de la Amargura, 1, Valldemossa.
{Ca’n Molinas}
Coca de patata – so wird ein für die Gegend typisches, sehr luftig-leichtes Kartoffelgebäck bezeichnet, um das man bei einem Besuch in Valldemossa wohl nicht herumkommt. Die angeblich besten findet man im Traditionscafé Ca’n Molinas, das drei Filialen in der Altstadt betreibt. Die Panadería in der Carrer Blanquerna ist so unauffällig, dass wir fast daran vorbeilaufen. In der Auslage lachen uns zwar jede Menge Köstlichkeiten an, aber wir sind ja hier, um die berühmten Kartoffelbollen zu probieren. Wir nehmen unsere Coca mit in den ruhigen, schattigen Hinterhof, wo bereits eine Armada Spatzen darauf wartet, dass ein Stückchen Coca de patata vom Teller fällt. Üblicherweise tunkt man das Kartoffelgebäck in heiße Schokolade, doch auch zum Kaffee lässt es sich gut essen. Fluffig und sehr hefelastig erinnert die Coca ein wenig an eine leichtere Variante der Dampfnudel. Ca’n Molinas // Via Blanquerna, 15, Valldemossa.
Gegen Abend verschwinden die Reisebusse und auch die Straßen in der Oberstadt Valldemossas leeren sich. Die perfekte Zeit also, um vor der Rückfahrt nach Sóller noch einmal die netten kleinen Läden zu durchstöbern, die mallorquinisches Handwerk in Form von Taschen, Schuhen, Kleidung, Schmuck und Keramik anbieten (z.B. Cals Tios in der Via Blanquerna).
Hier geht es zum ersten Teil unserer Mallorca-Reise: Mallorca Food & Travel Guide #1: Sóller & Port de Sóller – Orangen, wohin das Auge blickt.
Merken
14 Kommentare
Okay – nicht nur dank der Spatzen sind wir jetzt von Mallorca überzeugt! ?
28. Februar 2017 at 12:14Haha, sehr gut. Und falls es doch noch mehr Überzeugungsarbeit brauchen sollte, kommt demnächst ein Post über die tollen Strände und das türkise Meer – das hat mich ja sofort überzeugt. 😉
28. Februar 2017 at 12:19Wow das sieht echt richtig toll aus. Vielleicht muss ich doch mal nach Mallorca 😉
Liebe Grüße,
28. Februar 2017 at 14:58Ela
Sag ich doch! 😉 Es ist echt superschön dort, die Tourimassen konnten wir gut ausblenden oder umgehen und Mallorca ist ja quasi um die Ecke.
2. März 2017 at 10:32Hallo Sabrina,
1. März 2017 at 18:26super Beitrag. Ich kenne die Orte fast alle, da ich bereits einige Male in Soller und Port de Soller Urlaub gemacht habe. Die Gegend ist zum Wandern einfach optimal und das Essen ist ein Traum.
Viele Grüße
Philipp
Vielen Dank, Philipp! Ja, die Gegend ist traumhaft und bietet im Grunde alles, was man sich im Urlaub wünscht.
2. März 2017 at 10:33Nach so einem Tag, an dem es eher an Herbst als an nahenden Frühling erinnert, tut so ein Sommer-Sonnen-Post so richtig gut 🙂 Ich freu mich schon auf die kommenden Urlaubsreisen, auch wenn Mallorca dieses Jahr noch nicht auf der Liste steht. Nächstes Jahr dann aber!
1. März 2017 at 19:56LG
Julia
Das freut mich! Mir ging es beim Schreiben ähnlich – da ist man schnell in Urlaubsstimmung und die Laune bessert sich schlagartig. Dann bin ich gespannt, was in diesem Jahr auf eurer Liste steht. 🙂
2. März 2017 at 10:34aaawww, ich heul gleich – die drei tage im november waren viel zu kurz. deine traumhaften bilder machen mir gerade noch mehr fernweh als ich es eh schon habe. danke für die schöne tour, die wird sofort abgespeichert. für´s nächste mal!
1. März 2017 at 21:11liebe grüße
nike
Aww, wie schön – da spielen wir uns aber gerade die Karten zu, bei deinen letzten Posts wurde ich auch so wehmütig. 🙂 Ich fand eine Woche schon zu kurz, es gibt ja wirklich so viele schöne Ecken dort.
2. März 2017 at 10:36Eine tolle Route entlang der Westküste habt ihr euch da ausgesucht, sehr schön! Valldemossa und Fornalutx sind wirklich einzigartig und beim Schlendern durch die Gassen fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt. Die Kartause in Valldemossa ist zwar sehr touristisch, beherbergt aber unter anderem auch eine alte Apotheke, in der man die Gefäße aus dem 17. / 18. Jahrhundert bestaunen kann – eine kleine Zeitreise, mitten in Mallorca.
2. März 2017 at 12:19Ja, uns hat es dort auch sehr gut gefallen! Und danke für den Hinweis zur Cartuja – die werden wir uns sicher beim nächsten Mal anschauen.
2. März 2017 at 22:31Eine sehr schöne Tour habt Ihr da auf Mallorca gemacht und (kulinarische) Anlaufpunkte gehabt, die man sich auf jeden Fall merken sollte ?
17. Januar 2018 at 14:46Tolle Bilder dazu! Hat Spaß und Lust auf mehr gemacht.
Danke, freut uns sehr, wenn dir der Beitrag gefallen hat! 🙂
18. Januar 2018 at 18:07