Als der Burger-Boom vor ein paar Jahren auch in Deutschland Fahrt aufnahm und (zunächst vor allem in Berlin) immer mehr Burgerrestaurants eröffnet wurden, haben auch wir uns anstecken lassen und begannen, in der heimischen Küche zu experimentieren. Wir achteten auf die Qualität des Fleisches, verzweifelten an der Suche nach guten Burgerbrötchen und verbrachten viel Zeit damit, den perfekten vegetarischen Bratling zu entwickeln. Verschämt erinnern wir uns an die finsteren Tage unserer Studienzeit, als Tiefkühlpatties, wässrige Tomaten und billiger Ketchup alles waren, was wir uns unter dem Begriff “Burger” vorstellen konnten. Was hätten wir um ein Buch gegeben, das uns aus der Dunkelheit geführt und auf den wahren Weg des Burgergenusses gelenkt hätte. Zwar sind in den letzten Jahren viele Bücher erschienen, die Grundlegendes in Sachen Patty und Bun klarstellen, aber zu wahrer Erleuchtung haben die wenigsten geführt. Erst jetzt scheint der Burgergott ein Einsehen gehabt zu haben, hat gesehen, dass die Menschen lange genug unter trockenem Fleisch, bröckeligen Brötchen und langweiligen Saucen gelitten haben. Um diesem unwürdigen Zustand ein Ende zu setzen, hat er die Gebote des Bratens und Backens diktiert und uns das “Burger Unser” beschert.
Worum gehts?
Das “Burger Unser” will nicht mehr und nicht weniger sein, als “das beste Buch” zum Thema Burger – eine umfassende Abhandlung von allem, was zwischen zwei Brötchenhälften (oder auch gepresste Nudeln bzw. auf ein Salatblatt) passt. Alle wichtigen Zutaten werden behandelt und die Burgerherstellung von Grund auf erklärt. Auf 288 Seiten dreht sich alles um den Burger in all seinen Varianten. Dementsprechend wird den Beilagen relativ wenig Platz eingeräumt (50 einfache Rezepte wurden dennoch auf 18 Seiten gedrängt) und auch Nebenschauplätze wie Sandwiches – mit denen andere Bücher auf dem Markt oftmals die Seiten auffüllen – fehlen gänzlich. Das “Burger Unser” will dagegen das Standardwerk für die kommenden Jahre sein. Und das wird dem Buch vermutlich gelingen.
Aufbau & Optik
Schwer, dick und hochwertig kommt es daher. 288 glänzende großformatige Seiten, ein geprägtes Cover und gleich drei Lesebändchen geben dem Buch eine sehr wertige Optik. Im Buch selbst stechen zunächst die unzähligen seitenfüllenden Fotos ins Auge, auf denen die Burger riesig in Szene gesetzt werden und einen sofort loslegen lassen wollen. Das Layout ist recht klar gehalten, kommt ohne große typografische Spielereien aus und bleibt sogar dann noch gut lesbar, wenn der Text in die Fotos hineinläuft. Infokästen auf den Rezeptseiten sowie kleine Gimmicks wie die Angabe des “Sauereifaktors” bei jedem Burger sorgen für einen guten Überblick und eine nette Abwechslung.
Das Buch selbst besteht aus zwei großen Teilen: das erste Drittel widmet sich Buns, Fleisch und Patties, Saucen und Beilagen, der Hauptteil des Buches ist den Burgerrezepten vorbehalten. Ergänzt werden die beiden Teile durch eine Einleitung sowie einen Anhang mit Basisrezepten, Glossar und Empfehlungen für Burgerläden in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Auf den ersten 100 Seiten werden die einzelnen Bestandteile eines Burgers ausführlich unter die Lupe genommen. Neben einleitendem Grundlagenwissen gibt es Rezepte von einfach bis sehr speziell sowie die wirklich wichtige Kategorie “Wissen statt Glaube”. Dazu haben sich die Autoren (ja, nur Männer) Hilfe bei Dr. Thomas Vilgis geholt, einem Lebensmittelwissenschaftler (“Soft Matter Food Science” nennt sich sein Forschungsfeld) aus Mainz. Dieser geht den wichtigsten Fragen und Mythen der Materie auf den Grund, was dem Buch noch einmal eine ganz andere Gewichtung verschafft. Ich habe aus diesen Texten unglaublich viel gelernt, gerade weil man erklärt bekommt, was da beim Braten oder Backen eigentlich genau passiert und wie man das Ergebnis mit diesem Wissen zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Mit besonderer Gründlichkeit wird sich auch dem Thema Fleisch gewidmet. Unter anderem werden verschiedene Blends vorgestellt, mit deren Zusammensetzung man anschließend seinen Metzger auf die Probe stellen kann. Darüber hinaus widmet sich jeweils eine bebilderte Doppelseite der Herstellung und dem Braten des Patties, die jeden Schritt gut verständlich werden lässt. Auch vegetarische Optionen finden hier natürlich ihren Platz.
Die Rezepte
Neben den erwähnten 50 Beilagen bilden die Burgerrezepte den Kern des Buches. 68 verschiedene Varianten werden vorgestellt, die natürlich nicht nur aus Rindfleisch bestehen. Ente, Schwein und Wild finden ebenso ihren Platz wie vegetarische Rezepte. Sympathisch finde ich die Idee, die vegetarischen Burger nicht ans Ende zu packen, wo sie oft ein Dasein als zweitklassige Alternative fristen. Stattdessen findet man die vegetarischen Burger ganz selbstverständlich neben jenen mit Fleisch. Denn sie sollen gar keine schlechtere Alternative sein, sondern gleichwertige Burgervarianten, auf die man auch als Fleischesser_in Lust bekommt. Wem das nicht genügt, der kann auf die Rezepte für vegetarische Patties aus dem ersten Teil des Buches zurückgreifen und die fleischigen Burger vegetarisieren.
Wie die Komplexität des Werks schon vermuten lässt, lassen sich die Rezepte nicht mal eben in ein paar Minuten umsetzen. Wer schon einmal einen Burger von Grund auf zu Hause zubereitet hat, weiß, dass es sich hier um alles andere als Fast Food handelt. Allein die selbst gebackenen Brötchen erfordern eine Menge Planung (wobei sich die meisten Buns auch für den spontanen Burgerhunger gut einfrieren lassen) und auch sonst ist es bei den Rezepten nicht mit ein wenig Schnippeln getan. Für den getesteten (und für supergut befundenen) Big-Hahuna-Burger musste z.B. Ananas über 1 Stunde hinweg einkochen und eine nicht ganz einfache Mayonnaise angerührt werden. Dazu kommt, dass viele Rezepte auf andere Basisrezepte im Buch verweisen, welche wiederum einige Stunden in Anspruch nehmen können. Ich kann also nur dazu raten, sich vorab alles ganz genau durchzulesen, damit es beim Kochen nicht zu bösen Überraschungen kommt. Oder eben an manchen Stellen nicht bei Null zu beginnen, sondern einfach auf eine gekaufte Mayonnaise (Tipps dazu finden sich auch im Buch) zurückzugreifen, statt sich für die am Ende benötigten 4 EL nochmals deutlich mehr Arbeit zu machen.
Die getesteten Rezepte haben fast alle gut funktioniert und waren einfach zu befolgen. Ein fieser Fehler bei den Brioche-Buns ist inzwischen behoben und ab der zweiten Auflage zum Glück nicht mehr zu finden. Einzig die Mayonnaiseherstellung nach Rezept hat bei mir nicht geklappt, sodass ich auf unser eigenes bombensicheres Mayonnaiserezept zurückgreifen musste.
Fazit
Es fällt mir wirklich schwer, irgendwas Negatives über dieses Wunderwerk zu schreiben. Die kleinen Probleme mit der Mayonnaise fallen bei der Gesamtbewertung kaum ins Gewicht und sonst hat mich nur der an manchen Stellen durchscheinende “echte-Männer-essen-Fleisch”-Habitus gestört. Das “Burger Unser” ist wirklich die einzig wahre Burger-Bibel und sollte trotz des stolzen Preises in keinem burgeraffinen Haushalt fehlen! 5 von 5 Kartoffel-Buns.
Hubertus Tzschirner, Nicolas Lecloux, Thomas Vilgis, Nils Jorra, Florian Knecht, Daniel Esswein
Callwey Verlag, München 2016
€ 39,95
Vielen Dank an den Callwey Verlag, der uns ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
5 Kommentare
Ich liiiiiebe dieses Buch!!! alleine schon wegen der genialen Burgerbrötchen-Rezepte, die einfach immer gelingen!!!
habt ein schönes Wochenende!
❥ Vicky | The Golden Bun – Instagram TGB–
4. September 2016 at 10:52Ja, wir auch! Die Kartoffel-Buns sind wirklich richtig gut und wurden hier mittlerweile bestimmt schon 5 Mal gemacht. 🙂
11. September 2016 at 13:20[…] Steffens Rezension über das „Burger Unser“, das auch in meinem Bücherregal wohnt, bisher leider unbekocht ? […]
11. September 2016 at 6:01Das Buch ist in der Tag eine Burger Bibel. Ich liebe es! Der Brioche-Buns Fehler. Mir kam der Teig auch etwas arg “flüssig” vor. Wobei die Buns schon recht gut geworden sind.
16. September 2016 at 11:59Ach echt? Bei dir haben die Buns trotz der falschen Menge funktioniert? Nicht schlecht. Auch die anderen Bunteige sind eher klebrig, was beim Formen etwas Schwierigkeiten bereitet, aber das Ergebnis war immer toll.
19. September 2016 at 10:30