Der Whiskymarkt ist in ständiger Bewegung und ich komme derzeit kaum hinterher, die ganzen Neuerscheinungen im Auge zu behalten, geschweige denn zu probieren. Besonders hektisch wird es immer im Mai, viele Brennereien stellen dann z.B. im Zuge des Islay Festivals ihre neuen Kreationen vor. Ich hatte in den letzten zwei Wochen glücklicherweise die Gelegenheit, zwei Neuerungen aus dem Portfolio des Moët-Hennessy-Konzerns probieren zu dürfen, zu dem u.a. die bekannten Brennereien Glenmorangie und Ardbeg gehören.
Glenmorangie Lasanta
Am ersten Abend war ich deswegen zusammen mit einer Gruppe JournalistInnen, BloggerInnen und Whiskyinteressierten in Charles Schuhmanns Zweitbar Les Fleurs du Mal eingeladen, um dort den Relaunch des Glenmorangie Lasanta zu verkosten. Der Lasanta ist zwar erst vor knapp fünf Jahren auf den Markt gekommen, konnte aber in dieser Zeit die Erwartungen der Brennerei nicht erfüllen und wurde deshalb von Grund auf überarbeitet. Aus diesem Grund ist auch Karen Fullerton nach Deutschland gereist, die als Global Brand Ambassador von Glenmorangie und Ardbeg an der Entwicklung beteiligt war und außerdem die Entscheidung für den Relaunch bis ins kleinste Detail und mit erstaunlicher Offenheit erklären kann.
Um einen Vergleich zu haben und ein Gefühl für die grundsätzlichen Merkmale der Brennerei (immerhin ist sie die Destillerie mit den höchsten Brennblasen in Schottland!) zu bekommen, verkosten wir zunächst den zehnjährigen Glenmorangie Original. Dieser milde, leicht florale, fruchtige und malzige Single Malt aus Ex-Bourbon-Fässern bildet die Grundlage, auf der die weiteren Abfüllungen des Konzerns entwickelt werden. Im Falle des Lasanta waren es etwa 50 verschiedene Variationen, die von der Entwicklungsabteilung der Brennerei und dem Master Distiller gemischt wurden, bis sich schließlich ein Mix aus Pedro-Ximénez- und Oloroso-Sherry-Fässern als Favorit herauskristallisierte. Im Vergleich zum ursprünglichen Lasanta ist die neue Variante deutlich weicher und runder geworden. Wo der alte Lasanta sehr würzig, wärmend und mit Aromen wie Zimt daherkam, dominieren beim neuen Lasanta zunächst Ingwer, Marzipan und Trockenobst in der Nase. Auch beim Alkoholgehalt hat sich was geändert, statt 46% sind es jetzt nur noch 43%. Durch die Pedro-Ximénez-Fässer ist beim Geschmack mehr Süße hinzugekommen und die Kanten sind etwas abgeschliffen worden. Mir gefällt die Entwicklung allerdings und ich kann mir gut vorstellen, in Zukunft öfter mal eine Flasche im Regal stehen zu haben.
Zum Abschluss dürfen wir uns noch selbst als Master Blender versuchen und jeweils aus einer Pedro-Ximénez- und Oloroso-Abfüllung in Fassstärke unseren eigenen Lasanta herstellen. Das ist schwerer als erwartet, und ich bin ganz froh, dass diese Aufgabe sonst von den Damen und Herren in Schottland übernommen wird. Anschließend nimmt sich Karen Fullerton noch die Zeit, sich mit uns über die Erfolgsaussichten deutschen Whiskys, NAS-Abfüllungen (No Age Statements, d.h. Whiskys ohne Altersangabe) und die Entwicklung von Whiskyleidenschaft im Studium auszutauschen. So endet ein schöner Abend und ich freue mich schon, den neuen Lasanta in Zukunft öfter mal im Glas haben zu können.
Ardbeg Auriverdes
Der zweite Pflichttermin im Mai war das Pre-Tasting der diesjährigen limitierten Ardbeg-Abfüllung. Ich habe ja bereits im vergangenen Jahr begeistert über den Ardbog geschrieben, und auch diesmal hat das Ardbeg-Team um Bill Lumsden hervorragende Arbeit geleistet. Passend zur WM in Brasilien hat sich das Marketingteam außerdem eine Fußballkampagne einfallen lassen und sogar den Whisky entsprechend benannt: Auriverdes – das steht zum einen für das Gold des Whiskys und das Grün der Insel Islay und ist “zufälligerweise” auch der Name der brasilianischen Nationalelf. Auf jeden Fall schön stimmig und Ardbeg hat definitiv ein Händchen dafür, sich auch über den Geschmack seiner Abfüllungen hinaus interessant zu machen. Aber hier soll es natürlich ganz objektiv um das gehen, was vom Glas in den Mund wandert, und ich hatte zum Glück mehr als genügend Zeit, den Auriverdes ausführlich zu probieren.
Natürlich beginnt auch das Pre-Tasting im Schummerlicht der Münchner Bar Gabanyi nicht sofort mit dem Highlight des Abends, sondern zunächst erzählt Thomas Zilm, Brand Ambassador von Ardbeg, etwas mehr über die Destillerie an sich. Während wir ihm lauschen, können wir noch einmal die Single Malts der Core Range probieren. Alle Ardbeg-Whiskys basieren auf dem gleichen New Make Spirit, einem Destillat von 69% (das übrigens nach Bamberger Rauchbier riecht, wenn man es sich auf die Haut reibt), das erst durch die unterschiedliche Fasslagerung seinen individuellen Charakter entwickelt. 60-70% seines Geschmacks erhält ein Whisky aus dem Fass, und so ist klar, dass bei Ardbeg viel Wert auf das richtige Holz gelegt wird. Für den Einsteigerwhisky, den Ardbeg TEN, kommen z.B. hochwertige 1st- und 2nd-Fill-Bourbon-Fässer aus amerikanischer Weißeiche zum Einsatz, die für eine knackige Schärfe sorgen. Beim Uigeadail sind es dagegen Sherry-Fässer, deren Weinaromen (bei einem Weinfass stecken bis zu zehn Liter Flüssigkeit im Holz!) die Torfigkeit dämpfen und den Uigeadail deutlich weicher und süßer werden lassen. Wer auf Winteraromen steht, sollte hier mal eine Nase riskieren! Bei meinem Favoriten, dem Corryvreckan, ist dagegen wenig gedämpft. Neben den bekannten Bourbon-Fässern sind Fässer aus französischer Eiche am Geschmack beteiligt und das Tanin dieses Holzes sorgt für deutlich mehr Würze. Die 57.1% tun ihr Übriges, sodass man es hier eher mit einem stürmischen Herbstnachmittag, als mit einem gemütlichen Winterabend zu tun hat. Kein Whisky für jeden Tag, aber einer mit viel Charakter.
Dann endlich kommt der Star des Abends ins Glas. Ardbeg hat es geschafft, die jährlichen Abfüllungen zu einem weltweiten Spektakel werden zu lassen, bei dem der Ausverkauf am ersten Tag schon garantiert ist. Ich bin also gespannt, ob diesmal die vorher schon kursierenden Gerüchte über die hohe Qualität des Auriverdes gerechtfertig sind. Im Glas schimmert er wirklich schön golden und nicht besonders dunkel. Gelagert wurde das Destillat in 1st- und 2nd-Fill Bourbon-Fässern, doch anders als beim TEN kamen zusätzlich noch Fässer mit speziell getoasteten (also angekohlten) Deckeln zum Einsatz. In der Nase gibt er sich zunächst erstaunlich unspektakulär, sehr zurückhaltend, mit Anklängen von Honig und Karamell. Im Mund entfaltet der Single Malt allerdings eine ganz eigene Kraft. Der erste Schluck ist richtig süß, die Vanille der Bourbon-Fässer kommt zum Vorschein, und vor allem ist er ziemlich vollmundig. Irgendwie auch saftig, man hat regelrecht das Gefühl, in ihn reinbeißen zu können, fast ist man versucht, auf der Flüssigkeit herumzukauen. Nach einem Moment im Mund kommen die von Ardbeg gewohnten Torf- und Salz-Aromen zum Vorschein, drängen sich aber nicht zu sehr in den Vordergrund. Nach einer Weile an der Luft wird der Auriverdes schließlich rauchiger, die Kohle der gerösteten Deckel macht sich jetzt stärker bemerkbar und auch im Mund breitet sich nach einiger Zeit eine gewisse kohlige Trockenheit aus. Das ist gar nicht so unangenehm wie man zunächst denken mag, sondern eher spannend und macht Lust auf ein ordentliches BBQ. Der Abgang ist schön lang und die ordentlichen 49.9% rinnen erstaunlich sanft die Kehle herunter. Zusammenfassend also ein verdammt gut ausbalancierter Singe Malt, der dem Arbdeg-Portfolio eine neue, etwas sanftere Note hinzufügt, ohne zu gefällig zu sein. In jedem Fall ein Whisky, von dem man gerne mehr als nur ein Dram trinken will und den ich mir toll an einem warmen Sommerabend auf dem Balkon (oder einer Dachterrasse in Sevilla) vorstellen kann.
Wer bisher noch nie einen Ardbeg probiert hat, am 31.5. – dem Ardbeg Day 2015 – bereit ist, sich in eine lange Schlange einzureihen und 72€ übrig hat, sollte auf jeden Fall zuschlagen! Alle Ardbeg-Fans wissen eh, dass sich der Weg zum Spirituosenhändler ihres Vertrauens (in München wird z.B. der Whisky-Shop Tara einen limitierten Vorrat haben) lohnt. Ich selbst muss am Ardbeg Day arbeiten, in mein Regal wird es also leider keine Flasche schaffen. Schade eigentlich, denn ich hätte den Auriverdes gerne noch etwas näher kennengelernt.
Vielen Dank an Tobias von Moët Hennessy für die Einladungen zu den beiden Whisky-Tastings. Meine Meinung bleibt davon natürlich unberührt.
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